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NIEDERSACHSEN : Geräuschlos und unaufgeregt

Einen guten Monat nach der vorgezogenen Wahl haben sich SPD und CDU auf ein Bündnis geeinigt

27.11.2017
2023-08-30T12:32:30.7200Z
3 Min

Eine Spitze konnte sich der alte und neue niedersächsische Regierungschef dann doch nicht verkneifen. "Wir bilden eine Regierung - das ist an sich schon eine Nachricht", sagte Stephan Weil (SPD) nach dem Unterzeichnen einer gemeinsamen Koalitionsvereinbarung zwischen seiner Partei und der CDU in Hannover. Tatsächlich ist es den führenden Politikern der zwei Parteien gelungen, gut vier Wochen nach einer vorgezogenen Landtagswahl mit vorausgegangenem erbitterten Wahlkampfgetöse eine Große Koalition zu schmieden. Am Mittwoch vergangener Woche wählte der Landtag Weil zum Ministerpräsidenten. Zugleich wurde die neue Landesregierung vereidigt; ihr gehören je fünf Minister von SPD und CDU an.

Auf direkte Empfehlungen in Richtung Berlin verzichtete Weil nach seiner Wahl. "Ich bedanke mich ausdrücklich für das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen, und werde mich redlich bemühen, es immer und zu jeder Zeit zu rechtfertigen", sagte der Regierungschef stattdessen mit Blick auf Niedersachsen. Dabei saß er sichtlich zufrieden und nach außen hin einig mit seinem früheren Widersacher Bernd Althusmann (CDU) im Landtag in Hannover.

Dass eine Einigung so geräuschlos und unaufgeregt möglich war, hätte kaum jemand erwartet. Noch im Wahlkampf hatten sich Weil und sein CDU-Rivale Althusmann Wortgefechte geliefert und ein TV-Duell bestritten, das seinen Namen verdiente. Belastend wirkte zudem die Vorgeschichte, die die Neuwahlen überhaupt erst erfordert hatte: Die damalige Grünen-Abgeordnete Elke Twesten war im Sommer zur CDU übergelaufen; damit hatte die rot-grüne Landesregierung nach viereinhalb Jahren ihre hauchdünne Mehrheit von einer Stimme eingebüßt. Eigentlich hätten die 6,07 Millionen Wahlberechtigten im Januar 2018 über ihren Landtag abstimmen sollen.

Konkrete Einzellösungen Bei der vorgezogenen Wahl am 15. Oktober war die SPD stärkste Kraft geworden - nach einer beispiellosen Aufholjagd kam die Partei drei Wochen nach der für sie miserabel verlaufenen Bundestagswahl auf ein Ergebnis von 37 Prozent. Für eine Fortsetzung des bisherigen Bündnisses mit den Grünen reichte es allerdings nicht. Alternative Bündnisse scheiterten an raschen Absagen möglicher Koalitionspartner: Die FDP wollte nicht mit SPD und Grünen regieren, die Grünen wiederum lehnten eine Landes-Jamaika-Koalition mit Union und FDP ab. Eine Einbindung der AfD in ein Regierungsbündnis hatten die anderen Parteien vor der Wahl ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund der verbleibenden Option einer großen Koalition hatten Weil und Althusmann rasch versöhnliche Töne angeschlagen und nach konkreten Lösungen in den einzelnen Themenfeldern gesucht.

SPD und CDU kommen nun zusammen auf 105 der 137 Landtagsmandate. In der Koalitionsvereinbarung ist unter anderem vorgesehen, 1.000 neue Lehrer einzustellen, die Kita-Gebühren ab kommendem Sommer abzuschaffen und das Tempo bei der Inklusion an Schulen zu drosseln. Zudem sollen 1.500 neue Stellen bei der Polizei geschaffen werden. Im Gesundheitsbereich soll die Zahl der Medizinstudienplätze steigen, um vor allem die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern - in dem Flächenland ein gewichtiger Punkt. In seiner Regierungserklärung kündigte Weil zudem an, bis zum Jahr 2022 eine Milliarde Euro in den Ausbau der Digitalisierung zu investieren. Er erneuerte auch sein Bekenntnis zur Landesbeteiligung am Volkswagen-Konzern - unter dem Beifall der Abgeordneten.

An die SPD gehen das Innen-, Umwelt- Kultus- und Sozialministerium sowie das Ressort für Bundes- und Europaangelegenheiten. Für die CDU übernimmt der stellvertretende Ministerpräsident Althusmann das Wirtschaftsministerium. Die Partei erhält zudem das Finanzministerium, das Landwirtschaftsministerium und die Ressorts Justiz sowie Wissenschaft und Kultur.