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BKA-Gesetz : »Zeitenwende« auf dem Weg zur »Polizei 2020«

Koalitionspläne zur Einführung der elektronischen Fußfessel für sogenannte Gefährder stoßen auf harsche Oppositionskritik

20.02.2017
2023-08-30T12:32:16.7200Z
2 Min

Mit großen Worten geht Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zumeist sparsam um. In der ersten Lesung des von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwurfs "zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes" (18/11163) sprach er dagegen vergangenen Freitag im Bundestag von einer "wirklichen Zeitenwende", die mit der Vorlage eingeleitet werde. Mit dem Gesetz falle der "Startschuss" für das Projekt "Polizei 2020". Die bisherige Informationsarchitektur des Bundeskriminalamtes (BKA) und des polizeilichen Verbundes von Bund und Ländern aus den 1970er Jahren sei als "System verschiedener und kaum miteinander verbundenen Datentöpfe" heute nicht mehr zeitgemäß. Künftig solle jeder Polizist jederzeit und überall die Informationen erhalten können, die er braucht und abrufen darf. Zugleich würden mit dem Gesetz Datenaustausch und Datenschutz "versöhnt".

Mit der Vorlage soll zugleich ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az. 1 BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09) sowie eine EU-Richtlinie zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten vom April vergangenen Jahres umgesetzt werden. Das BKA soll dem Entwurf zufolge als Zentralstelle des nationalen polizeilichen Informationswesens sowie als Kontaktstelle für die internationale Zusammenarbeit gestärkt werden.

Auch sieht die Vorlage die Einführung der elektronischen Fußfessel für Gefährder vor. Dies sei "kein Allheilmittel", doch sei es "besser, zu wissen, wo sich ein Gefährder aufhält, als es nicht zu wissen", sagte de Maizière, und appellierte an die Länder, vergleichbare Regelungen vorzunehmen. Anders als bei der "Fußfessel im repressiven Bereich für verurteilte extremistische Straftäter" (siehe Seite fünf) gehe es hier um die Nutzung von Fußfesseln im Bereich der Gefahrenabwehr.

»Eine Klatsche« Für Die Linke kritisierte Ulla Jelpke, die Koalition wolle Personen, die nicht vorbestraft seien und gegen die kein Strafverfahren geführt werde, Fußfesseln anlegen. Natürlich wolle auch sie, dass Leute wie der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz "frühzeitig dingfest gemacht" werden, doch dürfe man Maßnahmen wie eine Fußfessel nicht nur aufgrund von Annahmen ohne Beweise anordnen.

Wie Jelpke wertete auch Konstantin von Notz (Grüne) das Karlsruher Urteil zum BKA-Gesetz als "Klatsche" für die Regierung. Nach den Vorgaben des Gerichts müssten etwa Überwachungsmaßnahmen unabhängig kontrolliert werden. Auch unterliege Datenverarbeitung gerade im Polizeibereich der Zweckbindung, "und die Übermittlung in andere Staaten ist eine Zweckänderung". Mehrere der vom Gericht genannten Grundsätze erfülle der Gesetzentwurf nicht. Bis zu dessen Verfassungskonformität sei es noch ein weiter Weg.

Uli Grötsch (SPD) betonte dagegen den Anspruch der Gesetzesvorlage, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Das Gericht habe etwa geurteilt, dass heimliche Überwachungen von Wohnungen, Handys und Computern mit dem Grundgesetz vereinbar sind, doch künftig "verhältnismäßig ausgestaltet werden müssen". Es sei aber ein Unterschied, ob es um die Ausgestaltung gehe oder eine Maßnahme grundsätzlich als verfassungswidrig eingestuft werde. "Wir haben auch hier nachgebessert". Auch Stephan Mayer (CSU) verwies darauf, dass das Gericht nicht die "verdeckten Ermittlungsbefugnisse" als verfassungswidrig verworfen, sondern Nachbesserungsbedarf ausgemacht habe. Dieses "Grundsatzurteil bezüglich des polizeilichen Datenschutzes" werde sachgerecht umgesetzt.