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Aschot Manutscharjan
Kurz REZENSIERT

Thea Dorn hat ihr neuestes Buch allen Deutschen gewidmet, die "weder Rattenfängern noch Wolkenkuckucksheimern folgen", die sich in der aktuellen Diskussion über Werte und deutsche Kultur nicht irremachen lassen wollen und den syrischstämmigen Förster ebenso willkommen heißen wie den urdeutschen. Die bekannte Romanautorin und meinungsstarke Fernsehjournalistin, Philosophin und Literaturkritikerin hatte 2011 zusammen mit Richard Wagner die Publikation "Die deutsche Seele" vorgelegt: eine kulturhistorische Enzyklopädie der Deutschen. In 64 Stichwörtern beschrieben die Autoren Tugenden und Bräuche, um die deutsche Identität und Seele zu entziffern. Ihr aktuelles Buch hingegen ist deutlich politischer und polemischer, aber auch informativ, manchmal witzig und einfach wunderbar geschrieben.

Dorns kulturhistorische Wanderung durch die deutsche Politik und Kultur ist eine Antwort auf die aktuelle Radikalisierung der Gesellschaft und die Wiederkehr der "Leitkultur"-Debatte. Diesen Begriff will die Autorin um eine "Leitzivilität" ergänzen. Zugleich fordert sie die Deutschen auf, das "Glück der zweiten Chance" nicht zu verspielen. Dies seien sie sich selbst, der Vergangenheit und der Zukunft schuldig.

Dorn widersetzt sie sich allen Versuchen, die Existenz einer eigenen deutschen Kultur zu leugnen. Dazu analysiert sie Begriffe wie Identität, Heimat, Europa und Weltbürgertum, aber auch Nation und Patriotismus. Dürfen "wir" unser Land lieben und es gar "Heimat" nennen? Warum erkennen "wir" nicht an, fragt Dorn, dass "der liberal verfasste, kulturell nicht beliebige, aber dennoch heterogene Nationalstaat - einstweilen zumindest - das beste Gehäuse für unser gemeinschaftlich-gesellschaftliches Leben darstellt?" Schließlich könne er das Bedürfnis nach einer Identität befriedigen und zugleich Offenheit, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit bieten.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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