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EDITORIAL : Wohlfeiles Argument

11.06.2018
2023-08-30T12:34:29.7200Z
2 Min

Unabhängig davon, ob der Deutsche Bundestag zusätzlich einen Untersuchungsausschuss einrichten wird oder nicht: Zu den offensichtlichen Missständen in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird ermittelt. Und das gleich auf mehreren Ebenen. Innerhalb der Behörde durch die interne Revision; juristisch durch die Staatsanwaltschaft; politisch durch den Innenausschuss des Parlamentes.

Ob das ausreicht, wird heftig diskutiert. Einig sind alle Fraktionen im Bundestag darüber, dass der Umgang mit Asylanträgen in Bremen Vertrauen in staatliches Handeln nachhaltig beschädigt hat. Deshalb muss aufgeklärt werden, wer dafür verantwortlich ist und disziplinarische oder gar strafrechtliche Konsequenzen fürchten muss.

Freilich dürfen die Ereignisse in der Hansestadt nicht missbraucht werden, generell über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren zu urteilen. Gewiss gibt es im Nachhinein Anlass zur Kritik. Vieles würde heute im Lichte der Erfahrungen, der Pannen und Fehleinschätzungen bestimmt anders organisiert werden.

Es ist aber wohlfeil, nachträglich darüber zu richten. Als täglich Tausende Menschen versorgt, registriert und untergebracht werden mussten, haben alle, auch viele, die es heute besser gewusst haben wollen, einem möglichst unbürokratischen Umgang mit Flüchtlingen das Wort geredet.

Dass dabei Fehler gemacht worden sind, war nahezu zwangsläufig. Aber wie anders hätte dieser enormen humanitären Herausforderung in der gebotenen Eile begegnet werden sollen?

Freilich entschuldigt das kein bewusstes Fehlverhalten in Amtsstuben. Wenn in Bremen tatsächlich, aus welchen Gründen auch immer, im großen Stil wissentlich falsche Bescheide ausgestellt worden sind, müssen die Verantwortlichen aller beteiligten Ebenen zur Rechenschaft gezogen werden.

Bei aller nachvollziehbaren Empörung täte der politischen Debatte allerdings etwas weniger Parteitaktik gut. Natürlich ist es legitim, darüber zu streiten, ob ein Untersuchungsausschuss im Bundestag jetzt sinnvoll ist. Gelegentlich würde das interessierte Publikum sich aber etwas mehr Ehrlichkeit über die wahren Motive für die eine oder andere Position wünschen.