Die erfolgreiche Kandidatur Donald Trumps für die US-Präsidentschaft erschüttert einige Politikwissenschaftler derart, dass sie die Fundamente der Demokratie in Frage stellen. Dazu gehört der bekannte amerikanische Staatswissenschaftler Jason Brennan. Er lehrt Demokratietheorie und politische Philosophe an der Georgetown Universität in Washington. Das amerikanische Wahlsystem lehnt Brennan ab, da es neben Republikanern und Demokraten eine dritte Partei verhindere. Zudem hänge die Qualität der Kandidaten "von der Qualität der mehrheitlich inkompetenten Wähler" ab. Die meisten Wähler seien nicht nur unwissend und schlecht informiert, sondern auch irrational. Deshalb "müssen wir davon ausgehen, dass uns die Demokratie schlechte Kandidaten liefern wird", wettert Brennan.
Von dieser Abrechnung mit dem Wahlrecht ist es nicht weit bis zur Systemfrage: Sollte es überhaupt allen Menschen erlaubt werden, sich politisch zu beteiligen? Brennan meint, die zumeist politisch inkompetenten Bürger seien moralisch geradezu verpflichtet, sich nicht an Wahlen zu beteiligen. Mehr noch: Wegen ihrer geringen Bildung sollten "manche Bürger" gar kein oder nur ein eingeschränktes Wahlrecht besitzen. Der Autor teilt die Bürger in drei Spezies ein: die apathischen, uninteressierten und meinungslosen Hobbits; die meinungsstarken, aber uninformierten Hooligans und drittens die kleine Gruppe der leidenschaftslosen und intellektuellen Vulkanier. Allein diesen rational Denkenden sollte man die Politik überlassen.
Brennans Bevorzugung der Gebildeten als Stützen der Demokratie ist nicht neu, vor allem aber ist sie historisch kontaminiert: Alle Teilnehmer der Wannsee-Konferenz 1942, bei der die Vernichtung der europäischen Juden konkretisiert wurde, waren Universitätsabsolventen, viele promoviert. Georg Elser, der 1939 ein Attentat auf Hitler wagte, war "nur" Schreiner.
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