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HaushalT II : Abschluss mit Cash

AfD hält neuerliche Griechenland-Hilfe für ein »Rundum-Sorglos-Paket«

02.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
4 Min

Fast ein Jahrzehnt wurde Griechenland gerettet. Jetzt ist Schluss. Zum Abschluss der Rettung gibt's für die Griechen noch eine Milliarden-Spritze, und dann soll sich das Land eigenständig neue Gläubiger am Kapitalmarkt suchen. Der Bundestag beschloss am Freitag die Freigabe von 15 Milliarden Euro und weitere Maßnahmen zur Entlastung des Landes.. In einer namentlichen Abstimmung stimmten 409 Abgeordnete einem entsprechenden Antrag der Bundesregierung (19/2961) zu, 226 waren dagegen, und sieben enthielten sich. Es handelt sich um die letzte Tranche des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) innerhalb des dritten Griechenland-Hilfspakets.

Dass Griechenland die Rettungsschirme nach acht Jahren verlassen könne und die Chance bekomme, auf eigenen Beinen zu stehen, "ist eine gute Nachricht", freute sich Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Es seien sehr viele Reformen unternommen worden. "Griechenland ist auf einem guten Weg", erklärte der Minister. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sei weiterhin mit einem Kredit von zehn Milliarden Euro, der bis 2024 zurückzuzahlen sei, dabei, versicherte Scholz.

Die Bundesregierung begründet ihren Antrag damit, dass alle Institutionen die Umsetzung von 88 Maßnahmen durch Griechenland bestätigt hätten. Auf dieser Basis werde die Freigabe der nächsten Tranche empfohlen. Damit erreicht das vom ESM freigegebene Programmvolumen 61,9 Milliarden Euro. Es wurde nicht ausgeschöpft. Möglich gewesen wären 86 Milliarden Euro. Daher habe es keinen Sinn gemacht, sich vom IWF noch 1,6 Milliarden geben zu lassen, da schon der ESM-Rahmen nicht ausgeschöpft worden sei. "Es ist ein Zeichen der europäischen Solidarität, das wir hier geben", betonte Scholz.

Zins- und tilgungsfrei Die meisten Oppositionsredner sahen das völlig anders. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Peter Boehringer (AfD), nannte die Direkthilfen, Tilgungsaussetzungen und Zinsvergünstigungen für Griechenland ein "Rundum-Sorglos-Paket". Bei Kreditlaufzeiten von 43 Jahren bei praktischer Zins- und Tilgungsfreiheit denkt kein Schuldner auch nur ansatzweise über Rückzahlungen nach", sagte Boehringer, der eine "sofortige Vollabschreibung" für sinnvoll hielt. Er wies darauf hin, dass das angeblich gerettete Griechenland jetzt einen Cash-Puffer von 15 Milliarden Euro erhalten solle. Kein Finanzprofi glaube bei einer Verschuldung von 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die Lüge von der Schuldentragfähigkeit. Wenn Scholz davon spreche, Griechenland könne wieder auf eigene Beinen stehen, sei das Realsatire. Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen handele es sich um "weitere Konkursverschleppung des Euro auf Steuerzahler-Kosten".

Viel optimistischer zeigte sich Eckhard Rehberg (CDU), der an die erfolgreichen Unterstützungsmaßnahmen für andere Länder erinnerte. "Wir haben jetzt das fünfte Land, das sich zukünftig wieder am Kapitalmarkt refinanzieren kann", erinnerte er. Hauptprofiteur einer stabilisierten Eurozone sei die Bundesrepublik Deutschland. Rehberg sagte, so wie bei Irland, Spanien, Portugal und Zypern sei er auch bei Griechenland optimistisch, "dass bei den Griechen der Groschen gefallen ist und sie eine gute Zukunft haben werden". Achim Post (SPD) sprach von "guten Nachrichten für Europa, Griechenland und Deutschland". Sven-Christian Kindler (Grüne) fand es "gut und richtig", dass die Bundesregierung ihre Blockadehaltung gegen Schuldenerleichterungen aufgegeben habe. Griechenland habe seine Verpflichtungen eingehalten, und deshalb müsse jetzt auch die Euro-Gruppe bei Schuldenerleichterungen für Griechenland Wort halten.

Von einem "faktischen Schuldenschnitt für Griechenland" sprach dagegen Christian Dürr (FDP). Bei den Leistungen handele es sich in Wirklichkeit um ein viertes Hilfspaket. Er warf der Bundesregierung vor, sich an die vom Bundestag aufgestellten Regeln nicht gehalten zu haben. Gefordert worden sei vom Parlament eine finanzielle Beteiligung des IWF. Da Griechenland besser dastehe als erwartet und der Haushaltsüberschuss besser sei als erwartet, frage er sich, warum es jetzt weitere Schuldenerleichterungen geben solle. "Das ist die Irrationalität, die die Menschen in Deutschland nicht verstehen."

Fabio de Masi (Linke) verwies auf die Einschätzung des IWF, wonach Griechenland überschuldet sei. 95 Prozent der Griechenland-Kredite von 274 Milliarden Euro seien in den Schuldendienst geflossen. Dieses Geld sei deutschen und französischen Banken zugutegekommen und nicht griechischen Krankenschwestern oder Rentnern. Trotz der Sparprogramme sei die Schuldenquote von 120 auf 180 Prozent der Wirtschaftskraft gestiegen, "weil Kürzungspakete die Depression vertieften. Es sei Zeit für eine unbequeme Wahrheit, sagte de Masi: "Griechenland wird die Kredite niemals komplett zurückzahlen können." Für Deutsche Bank und Co. werde Zeit gekauft, damit die Rettungsschirme das Risiko einer griechischen Pleite übernehmen würden. Der Offenbarungseid werde nur biss hinter die nächste Bundestagswahl verschoben.

In dem beschlossenen Antrag erläutert die Regierung, von der freizugebenden Tranche in Höhe von 15 Milliarden Euro sollten 5,5 Milliarden Euro zur Deckung des griechischen Schuldenbedarfs und 9,5 Milliarden Euro zum Aufbau eines Liquiditätspuffers des griechischen Staates beitragen. Mit dem Liquiditätspuffer soll die Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt unterstützt werden.

Als weitere Maßnahme für Griechenland ist eine Rücknahme von Zinsaufschlägen für Darlehen der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) vorgesehen. Voraussetzung ist, dass Griechenland seine Zusicherungen für die "Nachprogrammphase" umsetzt, die von den Institutionen überwacht wird. Die Kosten werden mit jährlich 220 bis 230 Millionen Euro angegeben. Außerdem erhält Griechenland bis 2022 Zentralbankgewinne von 1,8 Milliarden Euro, davon 532 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt.

Die durchschnittliche Laufzeit der EFSF-Kredite wird von derzeit 32,5 Jahren auf 42,5 Jahre verlängert. Der Beginn der Tilgungen wird von 2023 auf 2033 verschoben. Die Zinsstundung wird bis 2032 verlängert.