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WAHLRECHT : Nicht mehr zur Europawahl

Ausschluss für Vollbetreute soll fallen

18.03.2019
2023-08-30T12:36:18.7200Z
2 Min

Menschen, die auf eine gerichtlich bestellte Betreuung in allen Angelegenheiten angewiesen sind, sowie wegen Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebrachte Straftäter sollen ab Jahresmitte nicht mehr von Bundestags- oder Europawahlen ausgeschlossen werden. Einen entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen "für die Einführung eines inklusiven Wahlrechts" (19/8261) verabschiedete der Bundestag am Freitag mit 345 von 585 abgegebenen Stimmen bei 240 Enthaltungen. Keine Mehrheit fanden ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion (19/3171) und ein gemeinsamer Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (19/4568) zur Streichung der Wahlrechtsausschlüsse.

In ihrem Antrag verwiesen CDU/CSU und SPD darauf, dass mit einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2019 (Az. 2 BvC 62/14) Änderungen am Bundes- und am Europawahlgesetz notwendig geworden sind. Die dort verankerten Wahlrechtsausschlüsse müsstenaufgehoben werden. Dem Antrag zufolge soll der Bundestag zeitnah eine entsprechende Änderung des Wahlrechts verabschieden, die zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten soll. Eine Umsetzung im Hinblick auf die Europawahl am 26. Mai 2019 sei aus praktischen Gründen nicht mehr möglich.

Die Verfassungsrichter hatten entschieden, dass der Wahlrechtsausschluss gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung verstoße. Mehrere Betroffene hatten gegen ihren Ausschluss von der Bundestagswahl 2013 Beschwerde eingelegt. Laut Gericht waren bei dieser Wahl 81.220 Vollbetreute ausgeschlossen.

In der Debatte warf Jens Beeck (FDP) der Koalition vor, die Betroffenen bei der Europawahl im Mai wieder ausschließen zu wollen. Dies sei grundgesetzwidrig. Corinna Rüffer (Grüne) fand es "eine einzige Unverfrorenheit", wenn die Betroffenen bei dieser Europawahl "wieder in die Röhre gucken". Sören Pellmann (Linke) nannte es "zynisch", wenn die Koalition in ihrem Antrag schreibe, dass die Europawahl leider nicht mehr erreichen werden könne.

Ulla Schmidt (SPD) sagte, sie hätte sich gefreut, wenn man die Neuerung schon zur Europawahl geschafft hätte, doch sei dies nach Ansicht von Juristen nicht möglich. Volker Ullrich (CSU) ergänzte, auch wenn es "für diese Europawahl weh tut", könne man es aus verfassungsrechtlichen Gründen "diesmal nicht schaffen". Christian Wirth (AfD) sagte, die Bedenken bezüglich der abgeschlossenen Listenaufstellungen zur Europawahl seien "nicht von der Hand zu weisen".