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Gastkommentare : Technologieneutrale Förderung? Ein Pro und Contra

Funktioniert es in Deutschland, mittels Trial-and-Error Innovationen anzutreiben oder braucht es eine gezielte Förderung von Alternativen? Ein Pro und Contra.

18.03.2019
2024-02-06T13:54:37.3600Z
3 Min

Pro

Alles auf die Liste

Foto: Wirtschaftswoche/Werner Schüring
Christian Schlesiger
ist Ressortleiter bei der "Wirtschaftswoche".
Foto: Wirtschaftswoche/Werner Schüring

Elektroautos werden sich durchsetzen. Schneller, als viele glauben. Dazu macht E-Fahren einfach zu viel Spaß. Als das Smartphone kam, wollte auch keiner mehr Handys mit Tasten. Aber wird das E-Auto künftig ein Batterie-Auto sein? Oder erzeugt es seinen Strom an Bord selber aus Wasserstoff? Das Rennen ist offen. Genauso spannend ist, welcher Verkehrsträger wesentlich zur CO2-Reduktion beitragen wird: Auto, Zug, Binnenschiff oder Flugzeug? Welchen Träger soll die Politik also besonders fördern? Den schwächsten (auf dass er bedeutsamer wird), den dreckigsten (auf dass er sauberer wird) oder den größten (weil der am meisten Öko-Potenzial hat)?

Die Regierung diskutiert, wie der Verkehr bis 2030 seine CO2-Emissionen radikal senken kann. Ich meine: am besten nach zwei Prinzipien. Erstens: Politik muss alles technisch Machbare fördern. Eben weil das Rennen nicht entschieden ist und zu frühe Festlegungen Potenzial verspielen könnten. Die kaum diskutierten, aber akkuschonenden Oberleitungen für Elektro-Lastwagen gehören genauso auf die Förderliste wie die Ladesäulen für E-Autos und Tankstellen für Wasserstoff-Autos. Abschreiben darf man auch synthetische Kraftstoffe nicht, die in klassischen Verbrennern funktionieren, aber CO2-neutral sind.

Zweitens: Politik muss heiß auf Innovationen sein, statt sie zu fürchten. Konflikte mit den alten Geschäftsmodellen gilt es zu lösen statt zu umgehen (Stichwort: Taxi). Wer wie die Bundesregierung das Ridesharing und Sammeltaxis in Innenstädten ausbremst, schläfert den innovationsfreudigen Teil der Gesellschaft ein. Einfach mal probieren: Trial-and-Error. So treibt man Innovationen an. Andere Nationen sind da neugieriger als wir.

Contra

Gezielt fördern

Foto: picture-alliance/dpa
Michael Bauchmüller
ist Korrespondent für die "Süddeutsche Zeitung".
Foto: picture-alliance/dpa

Die "technologieneutrale Förderung" gehört für viele deutsche Wirtschaftspolitiker zum Standardrepertoire. Klingt ja auch vernünftig - wer weiß schon, welche Technologien sich irgendwann durchsetzen (erst recht, wenn sie nicht gefördert werden)? Die Folge aber ist, dass etablierte Technologien sich in aller Regel umso länger halten können. Denn den Newcomern gegenüber haben sie immer einen doppelten Vorsprung: Sie sind am Markt schon eingeführt - und genießen meist den Rückhalt der Politik. Die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen wiegt für sie schwerer als die Verheißungen neuer Technologien.

Das verhält sich beim Auto nicht anders. Ohne eine gezielte Förderung von Alternativen wird eine postfossile Mobilität lange auf sich warten lassen. Denn der Verbrenner hat sich ökonomisch und politisch gut etabliert, das macht es für Herausforderer schwer. Die ganze Infrastruktur ist auf Benzin und Diesel ausgerichtet. Dabei ist schon jetzt klar: Der Antrieb der Zukunft wird elektrisch sein müssen, sei es über eine Batterie oder eine Brennstoffzelle. Beides ist abhängig von einer neuen Infrastruktur, die sich aber nicht von alleine baut - und die es ohne öffentliche Förderung kaum rechtzeitig geben wird. Freunde der Technologieneutralität dagegen führen gern synthetische Kraftstoffe ins Feld, als angeblich unterschätzte Option. Doch letztlich sollen auch sie nur die Illusion nähren, der Verbrenner habe eine klimafreundliche Zukunft. Hat er aber nicht.

Eine Methode gäbe es, die Neuen ohne Förderung an den Markt zu führen: die massive Verteuerung fossiler Brennstoffe. Aber da hört bei vielen Freunden der Technologieoffenheit der Spaß auf.