"Sie können auch Otto zu mir sagen", antwortete Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf die Bemerkung des Journalisten Nikolaus Brender, er werde ihn künftig nur noch mit "Herr Schröder" anreden. "Merkel schaute ungläubig und indigniert drein. Fischer schüttelte den Kopf. Westerwelle fragte, was Schröder vor der Sendung gemacht habe, und meinte damit, was er getrunken habe." Mit kurzen Zitaten lässt der Journalist Günter Bannas die "Elefantenrunde" nach der Bundestagswahl 2005 für die Nachwelt wiederaufleben. Heute genießt diese Sendung Kultstatus. Schröder hatte sich vor der gesamten Fernsehnation geweigert, seine eigene Niederlage und die seiner SPD anzuerkennen.
Günter Bannas hatte nach dem Bonn-Berlin-Umzug die Leitung des politischen Ressorts der neuen Hauptstadtredaktion der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" übernommen. In Talkshows war er seltener zu Gast als viele seiner Journalisten-Kollegen. Stattdessen beobachtete und analysierte er die Politik der "Berliner Republik" aus seinem Redaktionsbüro heraus - wie ein Adler aus seinem Horst. Für sein journalistisches Lebenswerk wurde er mit dem Theodor-Wolf-Preis ausgezeichnet.
Laut Bannas endete die "Bonner Republik" nicht mit dem Umzug von Parlament und Regierung vom Rhein an die Spree, sondern erst mit der Bundestagswahl 2017. Die "Bonner Republik" sei geprägt gewesen von klaren parlamentarischen Mehrheiten, starken Volksparteien und kleineren Parteien, die sich als Koalitionspartner anboten und Regierungsverantwortung übernehmen wollten. "Seit 2017 hingegen ist das Parteiensystem in Deutschland instabil wie selten." So hätten außenpolitische Faktoren, wie Trump, Putin, die EU- und Flüchtlingskrise, die deutsche Innenpolitik "mit Folgen bis in die Verästelungen der Parteien hinein" verändert.
Dieses gut geschriebene Buch ist allen zu empfehlen, die sich pointiert über die wichtigsten politischen Ereignisse in Deutschland in den letzten 20 Jahren informieren wollen.
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