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Parlamentarisches Profil : Der Frühliberale: Konstantin Kuhle

21.10.2019
2023-08-30T12:36:29.7200Z
3 Min

N ach dem Anschlag in Halle mahnt Konstantin Kuhle zur Besonnenheit. "Wir leben generell in einem sehr sicheren Land", betont der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. In der öffentlichen Wahrnehmung und im Fokus der Politik habe über viele Jahre das Thema des islamistischen Terrorismus dominiert. Nun gerate das ebenso wichtige Thema Rechtsterrorismus ins Blickfeld. Deshalb begrüßt Kuhle, dass das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz viele neue Stellen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus bekommen. Zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die es zu verteidigen gelte, gehöre aber "die Privatsphäre, der Datenschutz, die informationelle Selbstbestimmung immer dazu".

Forderungen nach immer umfassenderer Kommunikationsüberwachung weist Kuhle deshalb zurück. "Derjenige, der die strengsten Sicherheitsmaßnahmen vertritt, ist nicht automatisch derjenige, der mehr Sicherheit garantiert." Die allgemeine Vorratsdatenspeicherung sei von den Richtern in Luxemburg und Karlsruhe gestoppt worden, und jetzt "haben wir gar keine Speicherung, auch nicht bei Leuten, die besonders verdächtig sind". Der Liberale plädiert für anlassbezogene Speicherung, das heißt, genau hinzu- gucken, wer etwa einer verfassungsfeindlichen Organisation angehört oder Kontakte dorthin hat, und dann "die Leute passgenau zu überwachen, bei denen ein bestimmter Verdacht besteht". Eine Tat wie in Halle hätte die Vorratsdatenspeicherung ohnehin nicht verhindern können, merkt der FDP-Abgeordnete an. Den sogenannten Staatstrojaner wiederum, also Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung, dürften die Strafverfolgungsbehörden schon heute einsetzen, was aber auch nichts genutzt hätte, weil der Tatverdächtige nicht polizeibekannt war.

Sinnvoll sei es dagegen, mehr Augenmerk auf Spieleplattformen im Internet zu legen. Die Kommunikation im Bereich des Rechtsextremismus habe sich in den letzten Jahren auf die Foren und Direkt-Messenger-Funktionen solcher Plattformen verlagert. In diesen Foren aber könnten die Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz heute schon im Rahmen ihres allgemeinen Auftrags aktiv sein. "Ich glaube, wir brauchen bei den Sicherheitsbehörden einfach die personellen Kapazitäten, die technischen Kapazitäten und das Verständnis dafür, dass dort im Internet etwas passiert, das wir im Blick haben müssen", sagt Kuhle. Für fehlgeleitet hält er allerdings eine Debatte über den Inhalt von Online-Spielen. Wofür er jedoch plädiert, ist eine bessere Zusammenarbeit der Verfassungsschutz-Behörden. Den Vorschlag für eine entsprechende Föderalismus-Reform habe die FDP-Fraktion unter seiner Mitwirkung auf den Tisch gelegt.

Stimmen aus anderen Parteien, die der AfD eine Mitverantwortung für rechten Terror zuweisen, stimmt Kuhle ausdrücklich zu. So habe der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Stephan Brandner, eine "Kritik an der Trauer über Halle weiterverbreitet, in der unterstellt wird, Juden könnten sowieso keine Deutschen sein und man sollte sich mal um die deutschen Opfer kümmern und nicht um die potentiellen jüdischen Opfer". Die FDP sei da "ganz deutlich gefragt, Abgrenzung und Widerstand zu leisten".

Der 30-jährige Konstantin Kuhle, seit 2017 im Bundestag, war Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, zu denen er schon mit 13 gefunden hatte. Man habe ihn dort trotz seines Alters ernst genommen mit seinen Anliegen, etwa dass Schulen mehr Gestaltungsfreiheit bekommen, erzählt er. Der Niedersachse vom Land hat ein Schuljahr in Ecuador und ein Semester in Paris verbracht. Dabei ist er heimatverbunden geblieben und europabegeistert geworden, wie er versichert. Auf die Frage, was er außer Politik am liebsten macht, kommt die überraschende Antwort: "Ich bin leidenschaftlicher Jurist." Er habe seine Anwaltszulassung behalten, allerdings "derzeit leider keine Zeit, im Anwaltsberuf groß etwas zu machen". Eine weitere Leidenschaft ist das Theater. Kein Wunder, in der Schulzeit und später im Verein hat er selbst gespielt.