Piwik Webtracking Image

Grundsteuer : Stein vom Herzen

Immobilienbesteuerung bezieht Mietniveau mit ein. Länder dürfen abweichen

21.10.2019
2023-08-30T12:36:29.7200Z
3 Min

Ab dem Jahr 2025 wird die Grundsteuer in Deutschland nach einem völlig neuen System erhoben. Der Bundestag machte am Freitag den Weg für eines der wichtigsten steuerpolitischen Projekte dieses Jahres frei. Und rechtzeitig: Denn ohne Neuordnung hätte die Grundsteuer schon ab dem Jahr 2020 nicht mehr erhoben werden dürfen, so das Bundesverfassungsgericht. Der dafür notwendigen Änderung des Grundgesetzes stimmten neben den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD auch FDP und Grüne zu, so dass mit 495 Ja-Stimmen die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 473 Stimmen erreicht wurde. 139 Abgeordnete stimmten mit Nein, zehn enthielten sich.

Vermögensbezogene Steuer "Weil die letzte vermögensbezogene Steuer in Deutschland erhalten bleibt, wird den Kommunalpolitikern sicher ein Stein vom Herzen fallen, denn wir erhalten und sichern die kommunalen Einnahmen in einer Größenordnung von 15 Milliarden Euro", freute sich Bernhard Daldrup (SPD). Ein Wegfall dieser Steuer hätte die kommunale Selbstverwaltung bedroht. Den Vorwurf, die Steuererhebung werde zu bürokratisch, wies Daldrup zurück

Die "Horrorszenarien von explodierenden Mieten und Umzugszwängen" seien nichts anderes als "heiße Luft". Kritisch setzte sich Daldrup mit der auf Wunsch der CSU eingefügten Öffnungsklausel auseinander, die den Ländern das Recht gibt, andere Bewertungsverfahren zu wählen als das im Bundesgesetz. Sie sei "nicht Ausdruck von Föderalismus, sondern Ausdruck von Provinzialismus".

Von einem "Durchbruch nach schwierigen Verhandlungen" sprach Andreas Jung (CDU). Zugleich wies er die Kritik des Koalitionspartners an der Öffnungsklausel zurück: "Wer Föderalismus als Provinzialismus verspottet, der hat ein grundlegend falsches Verständnis von unserem Staatsaufbau und von Subsidiarität." Für Jung ist mit der Öffnungsklausel der Wettbewerb um das beste Modell eröffnet.

Die bisherige Bemessungsgrundlage der Grundsteuer, die an die Einheitswerte anknüpfte, war vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden. In Zukunft soll für die Berechnung der Steuer der Wert eines unbebauten Grundstücks anhand der Bodenrichtwerte ermittelt werden, die regelmäßig von unabhängigen Gutachterausschüssen ermittelt werden. Ist das Grundstück bebaut, werden außerdem Erträge wie Mieten zur Berechnung der Steuer herangezogen.

Für Albrecht Glaser (AfD) ist die Grundsteuer als eine Steuer auf die Vermögenssubstanz, auch wenn keine Erträge erzielt würden, "Sozialismus". Er wies darauf hin, dass für die Grundsteuer 35 Millionen Steuerobjekte regelmäßig bewertet werden müssten. Mehrere tausend Steuerbeamte müssten dafür neu eingestellt werden. Dabei mache diese Steuer nur zwei Prozent des Gesamtsteueraufkommens aus. Laut Glaser wird die Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt: Ein mit 80 Prozent verschuldetes Gebäude löse die gleiche Steuer aus wie ein schuldenfreies. Da die Grundsteuer weiter auf die Mieter umgelegt werde, "werden sich Großstadtmieter noch wundern", so Glaser zu der "Reform-Ruine".

"Kein Land wird gezwungen, das Bundesgesetz anzuwenden", freute sich Christian Dürr (FDP). Alle Bundesländer bekämen die Möglichkeit, ein unkompliziertes Flächenmodell bei der Grundsteuer einzuführen, und könnten das bürokratisches Bewertungsmodell vermeiden. Das Bundesgesetz sei ein "Bürokratie-Monster", das zudem die Mieter stark belasten werde. Dürr sprach mit Blick auf den Finanzminister von einem "Olaf-Scholz-Mietenturbo". Wo die Mieten ohnehin hoch seien, würden sie bei Anwendung des Bundesmodells durch "die kalte Progression bei der Grundsteuer weiter steigen".

Kritik an Umlage auf Mieter Linke und Grüne kritisierten besonders, dass die Grundsteuer auch in Zukunft auf die Mieter umgelegt werden könne. Ein Antrag der Linksfraktion gegen die Umlagefähigkeit (19/8358, 19/14118) wurde ebenso abgelehnt wie ein Gesetzentwurf der Grünen (19/8827, 19/14118). Fabio De Masi (Linke) begrüßte die neue "Grundsteuer C" für baureife Grundstücke, die der Spekulation entgegenwirken soll. Er kritisierte aber die Öffnungsklausel für die Länder, die ein Flächenmodell ermögliche: "Dann wird ein Quadratmeter Wohnfläche in einer Villa am Starnberger See kaum mehr Grundsteuer kosten als eine Sozialwohnung in München." Das sei "nicht christlich, nicht sozial, das ist einfach nur dreist".

"Endlich können die Kommunen aufatmen", freute sich Stefan Schmidt (Grüne) über den Erhalt der Grundsteuer. Ein großer Wurf sei die Reform dennoch nicht. Durch die Länderöffnung drohe ein "Flickenteppich aus bis zu 16 verschiedenen Grundsteuern".