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verkehr : Ohne Limits

Keine Mehrheit für Tempo 130 auf Autobahnen

21.10.2019
2023-08-30T12:36:29.7200Z
3 Min

Ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 130 km/h wird es weiterhin nicht geben. Mit breiter Mehrheit votierte der Bundestag am vergangenen Donnerstag in namentlicher Abstimmung gegen eine dahingehende Forderung der Grünen (19/9948). Lediglich die Linksfraktion unterstützte das Vorhaben. Gern hätten das auch die Sozialdemokraten getan.

Das ging aber nicht. Es sei nicht gelungen, den Koalitionspartner zu überzeugen, bedauerte Kirsten Lühmann, Obfrau der SPD-Fraktion im Verkehrsausschuss. Aus Vertragstreue zur Koalition, "nicht aus inhaltlichen Gründen", werde man den Antrag ablehnen. Doch auch mit einem anderen Abstimmungsverhalten der SPD hätte sich am mehrheitlichen Nein zu einem Tempolimit nichts geändert. Union, FDP und AfD lehnten das Ansinnen geschlossen ab.

Eine signifikante Senkung des CO2-Austoßes sei mit einem Tempolimit nicht zu erreichen, befand Gero Storjohann (CDU). Da deutsche Autobahnen für hohe Geschwindigkeiten ausgelegt seien, greife auch das Argument einer höheren Verkehrssicherheit nicht, fügte er hinzu. Oliver Luksic (FDP) verwies darauf, dass es in Deutschland eine situative Richtgeschwindigkeit gebe, was bedeute, dass an die Situation angepasst zu fahren sei. Wer bei schlechtem Wetter und dichtem Verkehr schneller als 130 km/h fahre, sei im Falle eines Unfalls automatisch in der Mithaftung, sagte Luksic. Im Übrigen seien die deutschen Autobahnen sicherer als im Rest Europas. Für Dirk Spaniel (AfD) ist die Forderung nach einen generellen Tempolimit "ein weiteres Beispiel des manischen Kampfes der Links-Grünen gegen das Auto". Von einem "Kulturkampf gegen das Auto" sprach auch Daniela Kluckert (FDP). In der deutschen Automobilindustrie gebe es 1,8 Millionen Arbeitsplätze - tausend Unternehmen im ganzen Land seien von ihr abhängig. Was wäre wohl los in der Gesellschaft, wenn diese Arbeitsplätze tatsächlich auf dem Spiel stünden, fragte sie.

Cem Özdemir (Grüne) kann hingegen nicht verstehen, wie man gegen ein Tempolimit sein kann. Mit "quasi religiösem Eifer" kämpfe Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dagegen an, beklagte er. "Sofort und umsonst" könne man Klimagase einsparen, wenn man den deutschen Sonderweg beendet. "Die Bevölkerung will es, die Kirchen wollen es und auch die Polizei will ein Tempolimit", sagte Özdemir.

Unterstützung bekam er von Ingrid Remmers (Die Linke). Das Tempolimit sei eine schnelle, einfache, wirkungsvolle und zugleich kostenlose Maßnahme zur Verbrauchsminderung und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, sagte sie.

Neben dem Tempolimit-Antrag der Grünen standen noch drei weitere Anträge und ein Gesetzentwurf der Fraktion zur Debatte ebenso wie zwei Anträge der FDP und drei Anträge der Linksfraktion.

Letztere forderten einen öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) zum Nulltarif. "Wir brauchen eine Verkehrswende mit autofreien Innenstädten, mehr Platz für Radfahrer und Fußgänger sowie ÖPNV und Bahn für alle", sagte Sabine Leidig (Die Linke). Es sei ein Leichtes, das nötige Geld für einen ÖPNV zum Nulltarif aufzubringen, befand die Linken-Abgeordnete. Die "vielen Millionen" für Diesel und Dienstwagen müssten dem ÖPNV zugeschlagen werden.

Umverteilung Von solchen Plänen hält Wolfgang Wiehle (AfD) gar nichts. Eine Umverteilung zu Ungunsten derjenigen, die auf dem Land lebten, gar keinen funktionierenden Nahverkehr hätten und trotzdem mit ihren Steuern dafür bezahlen müssten, sei dies, befand er. Der Begriff der Verkehrswende, so der AfD-Abgeordnete, werde immer mehr zum Schlüsselwort für eine Umverteilung von Milliarden von Euro zum Zwecke, "die Bürger dieses Landes nach der Gedankenwelt der Grünen und Linken umzuerziehen". Abgelehnt wurde von ihm auch die Linken-Forderung nach einem Baustopp für Stuttgart 21. Damit würde dem Desaster noch die Krone aufgesetzt, sagte Wiehle.

Für Michael Donth (CDU) ist Stuttgart 21 "der richtige Weg hin zu einer schnelleren, pünktlicheren und deutschlandweit vertakteten innovativen Bahn". Die Linksfraktion bemängle zwar den aktuellen Zustand der deutschen Schieneninfrastruktur. Zugleich verweigere sie sich aber Verbesserungen und wolle in Stuttgart an einem Kopfbahnhof festhalten, dessen Leistungsfähigkeit von Bahnexperten schon seit langem in Frage gestellt werde, sagte Donth.

Fehlenden Mut zu einem wirksamen Klimaschutz attestierte Stephan Kühn (Grüne) der Bundesregierung. Im Klimapaket sei zwar nicht alles falsch, "aber es reicht nicht", sagte er.

Arno Klare (SPD) befand hingegen, es sei mitnichten kraftlos, sondern sogar sehr mutig, bis 2030 von 40,3 Gigawatt Leistung aus Kohleverstromung auf 17 Gigawatt abzusenken und bis 2022 weitere zehn Gigawatt an Atomstrom rauszunehmen. Sein Fraktionskollege Martin Burkert (SPD) verwies auf die im Klimapaket enthaltene Mehrwertsteuersenkung für Bahnreisen im Fernverkehr. Das sei ganz im Sinne des Klimaschutzes.