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Aschot Manutscharjan
Kurz REZENSIERT

Wer sind die Gewinner der Globalisierung und wer die Verlierer? Bedroht heute allein der nationalistische Populismus die liberale Ordnung oder sind die "verdammten liberalen Eliten" am Aufstieg des Populismus mitschuldig? Carlo Strenger, Psychologe und Kolumnist der liberalen Tel Aviver Tageszeitung "Haaretz", zeichnet in seinem empfehlenswerten Buch ein präzises Porträt der neuen kosmopolitischen Liberalen. Früher habe ein Großteil der Menschen jene Elite, die "Anywheres", nicht mit Argwohn betrachtet. Das habe sich geändert, meint Strenger. Ausdrücklich nimmt er die Eliten in Schutz gegen das von Populisten verbreitete Stereotyp der "heimatlosen Anzugträger". Für Strenger handelt es sich bei den liberalen Eliten nicht um Snobs, sondern um hervorragend ausgebildete, hart arbeitende Nerds, die ihre Identität, ihren Status und ihre Positionen in der Wissenschafts- und Kunstwelt, in den Medien oder in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der großen Konzerne vor allem durch Leistung und Talent erreicht haben.

Dies hält Populisten jedoch nicht davon ab, die liberalen Eliten als Gegner von nationalen Traditionen und der Kultur ihrer Herkunftsregion zu verunglimpfen. Dass diese Agitation bei den Themen Migration und Globalisierung funktioniert, beweisen die Wahlerfolge von Donald Trump sowie der Rechts- und Links-Populisten in Europa. "Die Verachtung der Eliten hat dann ein Ende, wenn man auf ihre Expertise angewiesen ist, etwa auf einen vorzüglichen Chirurgen, Ingenieur oder Architekten."

Strenger ist nicht "unparteiisch", er identifiziert sich selbstbewusst mit den universellen Werten. Zugleich räumt er ein, dass "wir liberale Kosmopoliten" beim Aufstieg des Illiberalismus und Nationalismus "einige schwerwiegende Fehler" gemacht haben": "Wir sind allzu oft zu arrogant gewesen, wo es darum geht, anderen unser Weltbild und unsere Werte zu vermitteln".

Aus Politik und Zeitgeschichte

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