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AUSWÄRTIGES : Waffenruhe als Hoffnungszeichen

Verhaltene Zuversicht bei den Fraktionen im Bundestag nach Normandie-Gipfel auf politische Lösung im Ukrainekonflikt

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
3 Min

Die Fraktionen im Bundestag werten die Ergebnisse des jüngsten Treffens der Staats- und Regierungschefs der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs in Paris zur Lösung des Ukrainekonflikts verhalten positiv. In einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD "zu den Ergebnissen des Normandie-Gipfels zur Überwindung des Konflikts mit Russland in der Ostukraine" gab es vergangenen Donnerstag jedoch Zweifel daran, wie ernsthaft insbesondere Russland an einer politischen Lösung interessiert ist. Überschattet wurde die Debatte zudem von der wechselseitigen Ausweisung russischer und deutscher Diplomaten im Zusammenhang mit einem Mord an einem georgischen Staatsbürger in Berlin, bei dessen Ermittlungen durch den Generalbundesanwalt auch die Frage im Raum steht, ob russische staatliche Stellen verwickelt sind.

Außenminister Heiko Maas (SPD) nannte die Ergebnisse des Pariser Gipfels einen "politischen Erfolg" und eine spürbare Erleichterung für die Menschen im Konfliktgebiet. Es seien unter anderem ein Waffenstillstand, ein Gefangenenaustausch, weitere Entflechtungen und mehr Übergangsstellen an der Konfliktlinie vereinbart worden. Maas unterstrich, dass es vor allem der Friedenskurs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gewesen sei, der Bewegung in die Umsetzung des Minsker Abkommens gebracht habe. Der Frieden im Donbass erfordere jedoch mehr als den Willen der ukrainischen Regierung. Die Beziehungen zu Russland würden sich nur dann verbessern, "wenn die Minsker Vereinbarung endlich umgesetzt werden und die Souveränität der Ukraine wiederhergestellt ist", sagte Maas.

Armin-Paulus Hampel (AfD) kritisierte, dass der Ukrainekonflikt ursprünglich durch eine falsche deutsche und europäische Außenpolitik, durch eine "aggressive Expansionspolitik der Europäischen Union" ausgelöst worden sei. Eine Lösung sei nur gemeinsam mit Russland möglich und in Ehrlichkeit gegenüber der Ukraine in Bezug auf die durch Russland besetzte Krim: "Die Krim ist für die Ukraine verloren." Sie werde nie mehr zur Ukraine zurückkehren - so wie der Kosovo nicht mehr zu Serbien zurückkehren werde. "Das ist Realpolitik, keine Traumpolitik", sagte Hampel.

Jürgen Hardt (CDU) rief seinem Vorredner in Erinnerung, wer in diesem Konflikt der Aggressor und wer das Opfer sei. Die Vereinbarungen des Pariser Normandie-Gipfels - einen Waffenstillstand bis Jahresende, umfassender wechselseitiger Gefangenenaustausch, weitere Entflechtung an der Konfliktlinie, erweiterter Zugang für die Beobachter der OSZE - seien als ein Erfolg zu werten. Beim vereinbarten Folgegipfel im Normandie-Format in vier Monaten aber müsse der Abzug schwerer Waffen auf den Tisch kommen werden, sagte Hardt.

Für Renata Alt (FDP) hielt sich die Euphorie nach dem Treffen in Paris in Grenzen: Die Ostukraine befinde sich weiter in einem "dramatischen Ausnahmezustand" und sei de facto ein Protektorat Russlands. "Wir können hier doch nicht von einem wahren Durchbruch sprechen." Russlands Präsident Wladimir Putin werde seinen Griff nach der Ukraine nicht freiwillig lockern, er wolle eine ukrainische Verfassung nach seinem Gusto und er wolle das Land von Europa fernhalten. Man dürfe weder ihm noch seinen "Marionettenrepubliken im Osten der Ukraine" nachgeben.

Andrej Hunko (Die Linke) erinnerte wie einige Vorredner daran, dass es dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj gelungen sei, Bewegung in die Verhandlungen zu bringen: "Vorher, unter Präsident Poroschenko, hieß es immer: Das ist nicht möglich." Als "das eigentlich dicke Brett" auf dem Weg zu einer politischen Lösung des Konflikts bezeichnet Hunko die sogenannte Steinmeier-Formel: Ein Sonderstatus für den Donbass, Wahlen unter OSZE-Aufsicht und die Wiedererlangung der Kontrolle über die eigene Grenze durch die Ukraine.

Manuel Sarrazin (Grüne) warnte davor, Russland in der in der Krim-Frage Zugeständnisse zu machen und "das Ergebnis dieses Krieges zu akzeptieren": So säe man "den Boden für neue Kriege und neues Leid". Sarrazin begrüßte die Entflechtung, verwies aber auf Folgeprobleme: Mit der Entflechtung an der Konfliktlinie ziehe sich zwar das Militär zurück, diese Räumen seien aber "graue Zonen" - ohne Polizei, ohne Staatsanwaltschaft und ohne Gerichte. Auch mit Blick auf freie und demokratische Wahlen sei es eine drängende Frage, wie in der Ostukraine Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet werden können.