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Verkehr : Expertenstreit um Tegel-Schließung

Flughafen-Chef hält Kapazität des BER für »durchaus auskömmlich«

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
2 Min

Ergänzungsflughafen oder Wissenschafts- und Innovationsareal? Im Grunde ist die Zukunft des Flughafens Tegel geklärt. Sechs Monate nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER erlischt die Betriebserlaubnis für Tegel. So sieht es der Konsensbeschluss aus dem Jahr 1996 vor, dem sich die damaligen Unterzeichner - der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg - nach wie vor verpflichtet sehen.

Die FDP hält das für falsch und verlangt in einem Antrag (19/13101) von der Bundesregierung, den Beschluss aufzukündigen. Der BER allein sei nicht in der Lage, das zu erwartende Flugaufkommen zu bewältigen, heißt es bei den Liberalen. Die Grünen sehen das ganz anders. Sie wollen an der Schließung festhalten und fordern von der Bundesregierung, sich für eine zügige Planung und Realisierung des dort geplanten Forschungs- und Industrieparks einzusetzen (19/14826).

Bei einer Anhörung des Verkehrsausschusses vergangene Woche gab es mit dem Luftverkehrsrechtsexperten Elmar Giemulla und dem Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa zwei Experten, die sich für die Offenhaltung von Tegel aussprachen. Giemulla, Honorarprofessor für Luftverkehrsrecht an der TU Berlin, hält dessen Schließung gar für rechtswidrig. Die im Konsensbeschluss vereinbarte Tegel-Schließung ziele auf eine mit dem BER verbundene angemessene Kapazitätserweiterung ab, die es seiner Auffassung nach aber nicht gebe, sagte er. Es gehe ihm nicht darum, den Flughafen Tegel in seinem jetzigen Umfang zu erhalten. Vielmehr müsse er als Ergänzung zum Hauptstadtflughafen BER betrachtet werden.

Engpassszenario Faulenbach da Costa plädierte für die Offenhaltung von Tegel in den kommenden vier bis fünf Jahren. Der BER sei von Beginn an ein Engpassszenario, kritisierte er.

Dem widersprach der Geschäftsführer der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, Engelbert Lütke Daldrup. Angesichts des derzeitigen Passagieraufkommens in Berlin - knapp 35 Millionen im Jahr 2018 - hält er die Kapazität des BER mit 44 Millionen Passagieren pro Jahr für "durchaus auskömmlich" und sieht einen Parallelbetrieb mit dem Flughafen Tegel "aus rechtlichen und physikalischen Gründen" als unmöglich an. Es gebe am BER zwei voneinander unabhängige Start- und Landebahnen, zudem werde die Flughafeninfrastruktur im Terminalbereich und bei den Flugbetriebsflächen schrittweise ausgebaut, sagte er.

Den Weg des Konsensbeschlusses, der eine "Ein-Flughafen-Lösung" für Berlin vorsehe, mutig weiterzugehen, forderte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV). Dank der zwei Start- und Landebahnen sei für ausreichende Kapazität "luftseitig" gesorgt, befand er.

Klaus Dietrich von der Bürgerinitiative "Tegel endlich schließen" sagte, die Anwohner müssten auf gemachte Zusagen vertrauen können. Wer anderes verlange, fordere die Bundesregierung auf, ihr gegebenes Versprechen zu brechen.

Die Beuth-Hochschule für Technik ist ein Nachnutzer der Flughafenflächen und wartet nun nach Aussage ihres Präsidenten Werner Ullmann seit 2012 auf die Tegel-Schließung. Mit 12.5000 Studenten sei die Beuth-Hochschule ein großer Player in der deutschen Wissenschaftslandschaft, insbesondere im MINT-Bereich, sagte Ullmann. Würde Tegel als Flughafen weiterbetrieben, könnten wichtige Studiengänge nicht mehr angeboten werden, betonte er.