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verkehR I : Zügiger planen

Minister Andreas Scheuer legt den vierten Gesetzentwurf zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung vor und kündigt weitere Maßnahmen an

14.09.2020
2023-08-30T12:38:22.7200Z
3 Min

Geld sei genug da, beruhigt Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Dank der Politik der großen Koalition könne in Rekordhöhe in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden, sagte Scheuer vergangenen Freitag vor dem Bundestag. Dass viele Projekte dennoch zu schleppend umgesetzt werden, muss also andere Gründe haben. Zu finden sind die nach Ansicht des Ministers bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren, die dringend beschleunigt werden müssten. Eine Erkenntnis, die nicht neu ist. Drei darauf abzielende Gesetzespakete sind in dieser Legislaturperiode schon verabschiedet worden. Nun legt Scheuer mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Investitionen" (19/22139) ein viertes vor, das seiner Meinung nach "nicht das letzte in dieser Legislaturperiode sein wird". In den Blick genommen hat der Verkehrsminister diesmal das vorgelagerte Raumordnungsverfahren und das nachfolgende Gerichtsverfahren. "Auch hier lassen sich die Verfahren straffen", zeigte er sich überzeugt. Das bedeute aber nicht, so Scheuer weiter, dass die Bürger oder die Umweltschutzverbände "um die Möglichkeit gebracht werden, Einwände gegen ein Vorhaben zu erheben".

Elektrifizierung Durch eine Verkürzung des Instanzenzuges ist geplant, die Gesamtdauer der verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu reduzieren. Dazu sollen der Vorlage zufolge die Eingangszuständigkeit für Streitigkeiten, die bestimmte Infrastrukturvorhaben zum Gegenstand haben, vom Verwaltungsgericht auf das Oberverwaltungsgericht beziehungsweise den Verwaltungsgerichtshof verlagert werden. Des Weiteren soll die Elektrifizierung von Schienenstrecken und andere kleinere Vorhaben, zum Beispiel die Ausstattung einer Bahnstrecke mit Digitaler Signal- und Sicherungstechnik (ERTMS) und die Erhöhung oder Verlängerung von Bahnsteigen, von der Planfeststellungs- und Plangenehmigungspflicht freigestellt werden, "wenn keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht".

Auch sollen Unterhaltungsmaßnahmen keiner vorherigen Planfeststellung oder Plangenehmigung bedürfen. Wegfallen soll zudem die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die Zulassung von Windenergieanlagen an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern.

Mogelpackung Überfällig und dennoch eine Mogelpackung sei das Gesetz, befand Dirk Spaniel (AfD). Überfällig, weil "die Langsamkeit bei der Umsetzung von Infrastrukturprojekten in Deutschland mittlerweile Weltruf hat". Eine Mogelpackung, weil Scheuer unter dem Deckmantel des Infrastrukturausbaus "vorwiegend Schiene und Windkraft ohne Bürgerbeteiligung und Einspruchsrechte" ausbauen wolle. Scheuer wolle nicht die volkswirtschaftlichen Schäden durch Staus und marode Brücken beseitigen, sondern vertuschen, "dass ihre Klimaideologie an ihre Grenzen gerät", sagte der AfD-Politiker.

Torsten Herbst (FDP) hält das Gesetz für nicht weitgehend genug, kündigte gleichwohl aber Zustimmung an. Der Ausbau der Schieneninfrastruktur könne Impulse für Deutschland geben und sei auch seiner Fraktion wichtig, sagte Herbst und warnte zugleich: "Wir dürfen auch die Straße nicht aus den Augen verlieren." Seine Fraktion habe daher einen eigenen Gesetzentwurf (19/22106) vorgelegt, "um auch auf Autobahnen und Bundesstraßen zu mehr Tempo zu kommen". Bei ausgewählten Projekten von nationaler Bedeutung, so erläuterte Herbst, solle der Bundestag zum Bauherrn werden. Das Ganze sei verbunden mit einer früheren Öffentlichkeitsbeteiligung. Eine derartige Maßnahmengesetzgebung ist schon Realität. Bislang aber nur für Schienen und Wasserstraßenprojekte.

Für Sabine Leidig (Die Linke) stellte sich die Frage, was eigentlich die bisherigen Gesetzesänderungen in Sachen Planungsbeschleunigung gebracht haben. Die Antwort gab sie gleich selbst: "Wir wissen es nicht." Es gebe bislang keine Untersuchung und keine Auswertung. "Wir fordern von der Bundesregierung, endlich eine ordentliche Evaluation vorzulegen", sagte die Linken-Abgeordnete. Dem aktuellen Gesetzentwurf attestierte Leidig immerhin, dass darin der Fokus nicht auf dem Straßenausbau liege und es nicht gegen Klimaschutz und Nachhaltigkeit gehe. Auch wenn es im Detail Änderungsbedarf gebe, sei sie im Großen und Ganzen einverstanden.

Aus Sicht von Stephan Kühn (Grüne) kann der Gesetzentwurf zwar zur Beschleunigung von Eisenbahnprojekten führen. "Trotzdem bleibt er halbherzig", sagte er. So sei der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) bei dem Entwurf erneut komplett vergessen worden. Ebenso finde sich in dem Entwurf kein Vorschlag zur Beschleunigung des Radwegebaus.

Positiver fiel die Bewertung von Patrick Schnieder (CDU) aus. Mit Blick auf die Vielzahl an Änderungen im Planungsrecht in den vergangenen Jahren sprach er von einer einzigartigen Erfolgsgeschichte. "Die Koalition liefert in einem zentralen Bereich."

Sören Bartol (SPD) ist optimistisch, dass das Gesetz einen Beitrag dazu leistet, "dass wir schneller bauen können". Ein erster Schritt zur Planungsbeschleunigung sei es aber, wenn die Mittel durch die zuständigen Ministerien zügig ausgegeben werden, sagte Bartol mit Blick auf den Bundesverkehrsminister. "Konjunkturimpuls bedeutet, dass das Geld schnell wirksam werden muss."