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Ortstermin: Über der Spree im Parlamentsviertel : Es wächst zusammen, was zusammen gehört

Von Stahl und Geschichte getragen: Eine doppelstöckige Fußgängerbrücke verbindet seit 20 Jahren die beiden Spreeufer und das Regierungsviertel.

19.04.2021
2023-11-23T15:29:10.3600Z
2 Min
Foto: Deutscher Bundestag Tobias Koch

Während die untere Brücke im Berliner Parlamentsviertel den Namen "Marie-Elisabeth-Lüders-Steg" trägt, hat die obere Brücke viele Namen: Vom der "höheren Beamtenlaufbahn" ist da die Rede - zeitweise hieß sie auch "Jakob-Mierscheid-Steg" - benannt nach dem Phantom des Bundestages.

130 Tonnen Stahl - so viel brachten die Brückenteile auf die Waage, die vor 20 Jahren über die Berliner Spree schwebten. Aus ihnen sollte innerhalb weniger Tage eine doppelstöckige Fußgängerbrücke entstehen. Zuerst waren am 24. April 2001 die Elemente für die 60 Meter lange Fußgängerbrücke dran, die seitdem die beiden Spreeufer verbindet. Einen Tag später folgten in luftiger Höhe, im 6. Stock, die Brückenteile für die 100 Meter lange Abgeordnetenbrücke, die die das Paul-Löbe-Haus (PLH) mit seinen Ausschuss-Sälen und Abgeordnetenbüros mit dem neu gebauten Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH), dem wissenschaftlichen Dienstleistungszentrum des Parlaments verbindet.

Während die untere Brücke den Namen "Marie-Elisabeth-Lüders-Steg" trägt, benannt nach der DDP- und späteren FDP-Politikerin und Frauenrechtlerin, hat die obere Brücke viele Namen: Vom der "höheren Beamtenlaufbahn" ist da die Rede - zeitweise hieß sie auch "Jakob-Mierscheid-Steg". Dies geht zurück auf Sozialdemokraten um Thomas Oppermann, Katharina Barley und Michelle Müntefering, die am - Vorsicht - 1. April 2004 als Würdigung von Jakob-Maria Mierscheid, des sogenannten Phantoms des Bundestages, ein Schild am Geländer angebracht hatten. Das Schild hing nicht lang, der Name blieb trotzdem vielen im Gedächtnis.

Begehbar seit dem Jahr 2003

Beim Aufbau im April 2001 wurden die Teile aus den Einzelelementen vormontiert, ein Autokran schwenkte die beiden Stahlkonstruktionen in ihre endgültige Position. Abschnittsweise werden die Bauteile betoniert. Da sich die Fußgängerbrücke erst nach dem Aushärten des Betons selbst tragen konnte, wurde sie mit vier Zugankern an die obere Brücke gehängt, die aus zwei miteinander verbundenen Fachwerkträgern aus Stahl und aus Beton besteht. Ursprünglich waren schützende Scheiben gegen Wind und Wetter vorgesehen, aus Gründen des Vogelschutzes wurden diese aber wieder verworfen.

Begehbar wurde die Brücke aber erst im Jahr 2003, zur Eröffnung des Lüders-Hauses. Schöpfer beider Brücken ist der Münchener Architekt Stephan Braunfels, der auch schon das Löbe-Haus und das MELH gestaltet hatte. "Sprung über die Spree" nannte er seinen Entwurf.

Die beiden Stege verbinden seitdem, was zusammen gehört. Mit dem vom Bundeskanzleramt zum Kanzlergarten führenden Kanzleramtssteg sind sie Bestandteile des "Band des Bundes", einer geradlinigen Bebauung im Regierungsviertel über die Spree in Ost-West-Ausrichtung. Dieses Band soll die verbindenden Tätigkeiten der Ministerien für Ost- und Westdeutschland symbolisieren. Aber auch die Stelle ist geschichtsträchtig: Das MELH überbaute den ursprünglichen Verlauf der Berliner Hinterlandmauer. Im Erdgeschoss befindet sich ein Mahnmal mit Segmenten der Mauer an ihrem ursprünglichen Ort. Schräg gegenüber, am ehemals westdeutschen Spreeufer, erinnern Kreuze an die Opfer der Teilung.