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fluthilfe : Hilfsgelder für den Wiederaufbau

Sondervermögen mit 30 Milliarden Euro

13.09.2021
2023-08-30T12:39:41.7200Z
4 Min

Die Errichtung eines Sondervermögens "Aufbauhilfe 2021" zur Bewältigung der durch das Juli-Hochwasser insbesondere in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen entstandenen Schäden trifft bei allen Fraktionen auf Zustimmung. 30 Milliarden Euro stellen Bund und Länder zum Wiederaufbau zur Verfügung. Der Bund geht dabei in Vorleistung - wie schon bei der Bewältigung der Flutfolgen im Jahre 2013. Die Länder stottern ihren Anteil ab, indem sie bis zum Jahr 2050 Anteile am Umsatzsteueraufkommen an den Bund abtreten. Angesichts der breiten Zustimmung folgerichtig stimmten alle Fraktionen - bei Enthaltung der AfD - in dritter Lesung für den von Union und SPD vorgelegten Gesetzentwurf (19/32039, 19/32275).

Von Harmonie und Eintracht war jedoch bei der voraussichtlich letzten Bundestagsdebatte der 19. Wahlperiode vergangenen Dienstag nichts zu spüren. Grund dafür: Die Koalition hatte dem Gesetzentwurf zur Fluthilfe einige Änderungen des Infektionsschutzgesetzes beigelegt, die der Opposition gar nicht schmecken. Auf Antrag von AfD, FDP, Linken und Grünen wurde dann auch die Abstimmung in zweiter Lesung aufgedröselt: Dem Gesetzesteil zur Fluthilfe stimmten alle Fraktionen zu. Die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes lehnte die Opposition geschlossen ab.

Verantwortung Mit Rüdiger Lucassen (AfD) und Markus Herbrand (FDP) äußerten sich zwei persönlich von der Flut betroffene Parlamentarier während der Debatte. Die Schäden in seinem Heimatort Gemünd seien "apokalyptisch", sagte Herbrand. Dass es nun Unterstützung von Bund und Ländern gebe, sei zu begrüßen. Besser wäre es gewesen, früher eine Bundestags-Sondersitzung einzuberufen, wie von der FDP gefordert.

Lucassen, wohnhaft in der Altstadt von Bad Münstereifel, direkt an der Erft, sagte, die Opfer der Flut hätten einen Anspruch auf die Beantwortung der Frage nach der Verantwortung. In Nordrhein-Westfalen habe die Flut ein Staatsversagen offengelegt. Warnungen seien ignoriert, Sirenen nicht aktiviert worden. Zu kritisieren sei aber auch der "okkulte Reflex der Politik", dieses Versagen auf den Klimawandel zu schieben, befand Lucassen.

Für Andreas Jung (CDU) liegt der Zusammenhang klar auf der Hand. "Es gibt einen menschengemachten Klimawandel, der zu einer Häufung von Extremereignissen führt", sagte er. Es brauche also mehr Tempo beim Klimaschutz. Dazu seien in dieser Legislaturperiode gesetzlich verbindliche Klimaziele festgeschrieben worden.

Dementsprechend müsse aber auch gehandelt werden, forderte Oliver Krischer (Grüne). Im Klimaschutzgesetz sei für den Energiesektor für 2030 ein Emissionsbudget enthalten, "nach dem in Deutschland kein einziges Kohlekraftwerk mehr laufen darf", sagte er. Sowohl Armin Laschet (CDU) als auch Olaf Scholz (SPD) - beide Kanzlerkandidaten ihrer Parteien wollten aber am Kohleausstieg bis 2038 festhalten, kritisierte Krischer.

Gesine Lötzsch (Linke) unterstützte ebenfalls die Aufbauhilfen. "Wir wollen vor der Wahl wissen, wer die Rechnung bezahlen soll", fügte sie hinzu und kam auf der Vorhaben ihrer Fraktion zu sprechen, "die 119 deutschen Milliardäre zur Kasse zu bitten".

Auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wies Johannes Fechner (SPD) hin. Wer Hab und Gut verloren hat, solle sich nicht noch Sorgen um seinen Arbeitsplatz oder seinen Betrieb machen müssen.

Seine Fraktionskollegin Sabine Dittmar hatte zuvor - ebenso wie Stephan Stracke (CSU) - die Änderungen im Infektionsschutzgesetz verteidigt. Mitarbeiter in Kitas, Schulen und Pflegeheimen sind nun ihren Arbeitgebern auskunftspflichtig über den Impfstatus. Außerdem hat der Inzidenzwert als alleiniger Maßstab für die Verhängung von Corona-Schutzmaßnahmen ausgedient. Kriterien, an denen die einzelnen Länder ihre Maßnahmen orientieren sollen, sind nun neben der Anzahl der Corona-Patienten in Krankenhäusern, eine nach Altersgruppen aufgeschlüsselte Sieben-Tage-Inzidenz, die verfügbaren Intensivbetten und die Entwicklung der Impfquote.

Überstürzt Kitas und Schulen mit einzubeziehen sei das Gebot der Stunde, befand Dittmar. Nur wenn der Impfstatus bekannt sei, könne der Infektionsschutz im Betrieb sowohl für Beschäftigte als auch für die zu Betreuenden optimal sichergestellt werden. Neu sei ein "Auskunftsrecht des Arbeitgebers" nicht, befand CSU-Mann Stracke. Das Infektionsschutzgesetz sehe schon jetzt in Krankenhäusern, Rehaeinrichtungen und Arztpraxen die Möglichkeit vor, den Impfstatus von Beschäftigten abzufragen.

Aus Sicht von Gesine Lötzsch will hingegen die Bundesregierung "völlig überstürzt" die Verhältnisse zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über den Haufen werfen. Arbeitsrecht und Datenschutz seien aber "nichts für schönes Wetter", sagte die Linken-Abgeordnete. Gerade in Krisen müsse damit sorgfältig umgegangen werden.

Wolfgang Kubicki (FDP) sagte, die Regierung lasse im Dunkeln, wann und unter welchen Bedingungen der Ausnahmezustand beendet und die Normalität wiederhergestellt werde. "Nach unserer Auffassung lassen sich weitere massive Grundrechtseinschränkungen nicht mehr begründen", befand er.

Für Sven-Christian Kindler (Grüne) ist es ein "Unding", dass Fluthilfe und Änderungen im Infektionsschutzgesetz verbunden wurden.

Detlev Spangenberg (AfD) bemängelte, in das zustimmungsfähige Fluthilfe-Gesetz seien "schikanöse, grundrechtsfeindliche Änderungen des Infektionsschutzgesetzes" eingefügt worden. Es sei unlauter, auf diese Weise die Opposition zu zwingen, "Dinge anzunehmen, die sie gar nicht annehmen will".