T atsächlich hat sich Deutschland mit dem Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 in eine schwierige Situation gebracht. Freunde sind verärgert und der Geschäftspartner Russland nutzt seinen Rohstoff Gas, um notfalls mit einer faktischen Erpressung seine geopolitischen Ziele durchzusetzen. Es gibt gute Gründe, das Projekt doch wieder zu begraben. Es gibt aber bessere Gründe, daran festzuhalten.
Rein ökonomische Gründe spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Dennoch wäre es eine grandiose Verschwendung, wenn die fast zehn Milliarden Euro für den Bau und die Finanzierung der Anlage auf dem Meeresgrund versanden sollten. Wichtiger sind die Argumente für die Gaslieferungen aus Russland. Die aktuelle Lage zeigt, wie abhängig Deutschland von den Lieferungen ist. Zu hohe Energiekosten können schnell zu wirtschaftlichen wie politischen Probleme führen und die notwendige Akzeptanz für die Abkehr von der Kohle schmälern. Die Strategie muss also dahin zielen, für die Übergangszeit, in der man noch auf Gas als Energielieferant setzen muss, alternative Beschaffungswege einzurichten, etwa Terminals für Gastransporte aus westlichen Ländern.
Wenn es diese Alternativen gibt, sinkt auch zwangsläufig das politische Erpressungspotenzial Russlands. Das ist eine notwendige Basis für eine langfristige Verbesserung der Beziehungen. Und es muss ein Ziel sein, an die Stelle einer anhaltenden Eskalation der Konflikte zwischen der Supermacht im Osten, seinen Nachbarn und der EU eine verlässliche Koexistenz zu entwickeln. Unabhängig wird Deutschland aber erst, wenn es ausreichend erneuerbare Energien gibt. Bis dahin gibt es keine wirklich saubere Lösung des Problems.
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