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Gastkommentare - Contra
Annette Dittert
Letztes Aufbäumen

Hat die britische monarchie eine Zukunft?

Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Briten ernsthaft über Sinn und Unsinn ihrer Monarchie nachdenken werden. Aktuell sind die Republikaner auf der Insel zwar weiter in der Minderheit, aber Umfragen zufolge nimmt die Zustimmung zur Krone unter den Jüngeren deutlich ab. 41 Prozent der 18 bis 24-jährigen Briten sprachen sich unlängst für ein gewähltes Staatsoberhaupt aus. Diese Zahl wird steigen, wenn Elizabeth II. einmal das Zeitliche segnet.

Der Brexit dürfte das letzte Aufbäumen der englischen Nostalgie für das Empire gewesen sein. Danach wird es Zeit, all die zumeist von Queen Victoria ausgedachten "Traditionen" als das abzulegen, was sie waren: Erfundene Rituale, um eine Institution am Leben zu erhalten, die schon Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß war.

Sicher, die Queen ist gerade in unsicheren Zeiten der letzte Stabilitätsfaktor für viele. Aber auch das ist letztlich eine Illusion. Denn echten politischen Einfluss hat sie nicht. Als Boris Johnson 2019 widerrechtlich das Parlament auflöste, weil ihm dessen Haltung nicht passte, stimmte sie zu. Ein britischer Premier kann im Namen der Krone relativ einfach das gewählte Parlament umgehen. John Major zum Beispiel sandte so 1994 Truppen in den ersten Golfkrieg, ohne seine Abgeordneten konsultieren zu müssen. Im Windschatten des Königreichs konnten sich auch andere undemokratische Institutionen wie das House of Lords halten, in dem Sitze noch immer weiter vererbt werden können. Nüchtern betrachtet ist die Monarchie nicht viel mehr als das Fundament, das der britischen Klassengesellschaft eine Schein-Legitimität verleiht und damit der demokratischen Generalüberholung Großbritanniens weiter im Wege steht.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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