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Gastkommentare - Contra

Es ist zu spät

Braucht die EU eigene Streitkräfte?

N atürlich klang die Idee einer europäischen Armee immer gut. Sicherlich wäre eine solche Armee auch die richtige Verkörperung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Eine EU-Streitmacht wäre zudem viel günstiger als die Addition der Nationalstreitmächte. Nur ist der Punkt überschritten, an dem es sich noch lohnen würde, diesen Plan zu verfolgen. Er frisst nur noch Zeit, Kraft und Nerven und gehört abgestellt.

Mit Putins Angriffskrieg ist recht deutlich geworden, dass Europa genau eine Schutzmacht hat: die Nato. Die Nato ist so attraktiv, dass immer neue Staaten hineindrängen, und sie hat Strukturen, die von Nicht-Nato-Staaten respektiert werden. Nun ist auch die Nato schon bürokratisch genug - so wie jedes überstaatliche Gebilde sich stets in einen Suppenkessel widerstreitender Interessen und Verwaltungsauswüchse verwandelt. Irgendwann einmal mag es sinnvoll erschienen sein, einen zweiten, europäischen Kessel daneben zu stellen und zu schauen, wie er sich ebenfalls füllt. Inzwischen aber wirkt das unangemessen - um nicht zu sagen verrückt.

Eine Nationalarmee wie etwa die Bundeswehr schafft es schlicht nicht, zwei solcher Systeme adäquat zu bedienen. Die Bundeswehr ist ja schon mit sich selbst überfordert. Wer meint, es sei innerhalb den nächsten hundert Jahre möglich, eine EU-Armee aufzubauen, schaue sich bitte an, was für unendliche Mühen notwendig waren und sind, um eine einzige EU-Battlegroup aufzustellen. Stattdessen gäbe es zur Profilierung einer europäischen Sicherheitspolitik ein lohnendes Ziel: Eine Stärkung der europäischen Stimme innerhalb der Nato. Das wäre in der Tat dringend nötig.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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