D er Zeitpunkt war ungünstig, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) in diesem Sommer die Debatte um einen Pflichtdienst für junge Leute neu entfachte. Gerade sie waren es doch, die in der Corona-Pandemie überdurchschnittlich belastet worden sind. Ihr Grundrecht auf Bildung wurde eingeschränkt zum Schutz der Älteren. Sie haben das mitgetragen - aus Vernunftgründen.
Vernunft wird aber auch in Zukunft zur Handlungsmaxime für diese bereits vielfach belastete Generation werden. Wir, die Gesellschaft, erwarten von den jungen Leuten, dass sie mit einer Klimakatastrophe umgehen, zu der sie kaum etwas beigetragen haben. Wir halten an einem Rentensystem fest, das ihnen einen ungleich größeren Einsatz abverlangen wird, als allen vorherigen Generationen. Sie werden die Kosten der Pandemie und des Ukraine-Krieges abbezahlen. Und dann noch eine Dienstpflicht? Ist das vernünftig?
Wohl kaum. Schon gar nicht, weil die freiwillige Arbeit in sozialen Einrichtungen oder fürs Klima bei jungen Erwachsenen auch ohne Pflicht bereits sehr beliebt ist. Wollte man die Quote steigern, könnte man die Freiwilligen ordentlich bezahlen.
Aber es geht um Größeres: Es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine Stärkung der Demokratie. Dass in diesem Feld allerdings gerade die Jugendlichen ein Problem sind, sollte man stark bezweifeln. Diese Generation, die von Kindheit an zum Miteinander erzogen wurde, ist vernünftiger als wir Älteren es jemals gewesen sind. Eine Dienstpflicht bräuchten eher wir anderen: Vielleicht sollte man sie für über 50-Jährige einführen. Die haben es nötiger.
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