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Kurz rezensiert : Steffen Mau: Sortiermaschinen

Soziologe Steffen Mau über Mauergrenzen, die hoch im Kurs und Menschenrechte, die auf dem Spiel stehen.

26.09.2022
2024-01-10T11:01:45.3600Z
3 Min

Nach dem Fall der Mauer brach das vereinigte Deutschland in die Globalisierung auf: das Ende des Ost-West-Konfliktes und des Kalten Krieges führten Ende des 20. Jahrhunderts zu einer ungeheuren Beschleunigung der weltweiten Vernetzung. Mit dem "Sieg" der liberalen Demokratien über das sowjetische Imperium schien nicht nur "das Ende der Geschichte" erreicht zu sein, auch Grenzen wurden zu einem "Relikt vergangener Zeiten" erklärt.

Blick an die Grenzen: Einschneidende Prozesse der sozialen Teilung

Die "Globalisierung galt dabei als mächtige Antriebskraft mit grenzöffnendem, manchmal gar grenzbrechendem Charakter, der man sich kaum entgegenstellen könne", schreibt Steffen Mau, Soziologe an der Humboldt Universität zu Berlin. Bekannt wurde er mit seiner Publikation "Lütten Klein" über das Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft. In seinem neuen herausragenden Buch betont der Soziologe, es sei "irreführend", die Globalisierung in ihrem Kern als Entgrenzung zu interpretieren. Nur für die kleine Gruppe der Privilegierten bedeute Globalisierung Öffnung der Grenzen. "Die tagtägliche Grenzerfahrung eines großen - des größeren! - Teils der Weltbevölkerung ist die des Ausschlusses, der Mobilitätsabwehr, der Wegversperrung, des Draußen-Seins".

An den Grenzen fänden einschneidende Prozesse der sozialen Teilung statt: Grenzen übernähmen die Aufgaben der Filterung, der Regulierung und der Selektion. Damit würden sie zu Sortiermaschienen, betont Mau. Die Globalisierung habe die Grenzen nicht verschwinden lassen, sondern die Kontrollen verfeinert und intensiviert. "Wir steuern, im Hinblick auf die Bewegung von Personen, keineswegs auf die grenzenlose und deterritorialisierte Gesellschaft zu". Die Grenze heute sei "zugleich eine Grenze, an der Ungleichheit erzeugt und auf Dauer gestellt wird". Zu Recht wurde Steffen Maus Buch mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.

Steffen Mau:
Sortiermaschinen.
Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert.
Edition Mercator - C.H. Beck,
München 2021;
189 S.,14,95 €