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Bürgergeld : Ein Ja im zweiten Anlauf

Bundestag und Bundesrat stimmen dem Kompromiss des Vermittlungsausschusses zu.

28.11.2022
2024-01-08T10:32:55.3600Z
3 Min

Der Streit war von Beginn an heftig und gipfelte irgendwann in "fake news"-Vorwürfen (Koalition Richtung Union) und der Feststellung einer sprachlichen Radikalisierung (Union Richtung Ampel-Regierung). Seit die Bundesregierung ihren Entwurf für das Bürgergeld-Gesetz vorgestellt hatte, trommelten vor allem CDU/CSU dagegen an und es war klar: Die nötige Zustimmung im Bundesrat wird teuer.

Foto: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Johannes Vogel (FDP), Katja Mast (SPD) und Britta Haßelmann (Grüne) nach der Einigung mit der Union vor der Sitzung des Vermittlungsausschusses

Nach der Annahme des Gesetzes durch den Bundestag am 10. November - die Uhr bis zum geplanten Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2023 tickte - war die Euphorie in den Koalitionsfraktionen verhalten. Denn in der Ablehnung des Bürgergeldes durch die Unionsfraktion deutete sich die Ablehnung ein paar Tage später im Bundesrat durch den Widerstand unionsgeführter Landesregierungen bereits an. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat musste also eine Lösung finden.

Vergangene Woche wurde dieser Kompromiss nun viel schneller gefunden als erwartet. Am Freitag stimmte dann erneut der Bundestag und anschließend der Bundesrat dem geänderten Bürgergeld-Gesetz zu, mit dem die Ampel-Regierung das bisherige System der Grundsicherung (Hartz IV) hinter sich lassen und eine neue Vertrauenskultur etablieren möchte. Kritiker aus der Linksfraktion und von Wohlfahrtsverbänden haben daran nun noch mehr Zweifel also vor der Einigung. Die Union dagegen sieht sich darin bestätigt, dass das Bürgergeld nur ein "Update" von Hartz IV ist, denn die ihr so wichtigen Sanktionen wurden wieder verschärft.

Regelsatz wird deutlich angehoben

Unstrittig war stets, dass die Regelsätze in der Grundsicherung angesichts der Inflation schnell angehoben werden müssen: Das kann nun passieren: Der monatliche Regelsätze für eine alleinlebende Person steigt zum 1. Januar von 449 auf 502 Euro.

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Deutliche Abstriche musste die Regierung dagegen in anderen Punkten machen: Die sechsmonatige, weitgehend sanktionsfreie Vertrauenszeit zu Beginn des Bürgergeld-Bezugs fällt weg. Statt nur um zehn Prozent sollen die Regelleistungen von Beginn an in Stufen um bis zu 30 Prozent gekürzt werden können. Die bisherige Karenzzeit von zwei Jahren wird auf ein Jahr verkürzt. In dieser Zeit soll die Angemessenheit der Wohnung und des Vermögens nicht geprüft werden. Das Schonvermögen bleibt künftig nur noch bis zu 40.000 Euro (statt 60.000 Euro) vor Anrechnung geschützt. Alle weiteren Haushaltsmitglieder dürfen mit 15.000 Euro nur noch halb so viel behalten wie ursprünglich geplant.

SPD, Grüne und FDP betonten nach der Einigung, das Bürgergeld bleibe "ein großer Systemwechsel", mit dem Fokus auf nachhaltige Vermittlung und Qualifizierung und nicht mehr auf schnelle Vermittlung in irgendeinen Job. Höhere Hinzuverdienstgrenzen würden zudem zu spürbaren Erleichterungen für die Bürgergeld-Beziehenden führen.