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Migration und Flüchtlinge : Die Kommunen sind am Limit

Der Bundestag debattiert über Antrag der CDU/CSU zur Entlastung der Kommunen beim Bau von Unterkünften für schutzsuchende Menschen.

03.04.2023
2023-11-24T12:07:06.3600Z
3 Min

Kommunen und Gemeinden haben für die Unterbringung von Geflüchteten und Asylbewerbern immer weniger Kapazitäten. In Städten, aber auch im ländlichen Raum, werden deshalb bundesweit stillgelegte Wohncontaineranlagen reaktiviert, Turnhallen oder stillgelegte Flughäfen zu Flüchtlingsunterkünfte umgebaut. Um schneller und unbürokratischer Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünfte zu schaffen, fordert die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag, Sonderregelungen des Baugesetzbuches zu verlängert. Über den Antrag hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag erstmalig beraten. Konkret wird gefordert, jene Befristungsregelungen, die als Reaktion auf die Migrationsbewegungen eingeführt wurden und bis Ende 2024 gelten, bis zum 31. Dezember 2027 zu verlängern. Zudem sollten im Rahmen des Baugesetzbuches Sonderregelungen für den Ausbau der sozialen Infrastruktur - wie Kindergärten, Schulen und Unterkünfte - geschaffen werden. Nach der Aussprache wurde der Antrag an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.

Foto: picture-alliance/W. Rothermel

Viele Geflüchtete sind dauerhaft in Containerdörfern untergebracht, aus Mangel an regulärem Wohnraum.

Enak Ferlemann (CDU) beschrieb "die dringende Aufgabe der Unterbringung von geflüchteten Menschen". Vertreter aus Kommunen und Länder schilderten die Lage, dass Plätze für die Unterbringung der Geflüchteten kaum noch zur Verfügung stünden. Wenn jedoch nicht genug Wohnraum vorhanden sei, müsse erneut auf Turnhallen und Messehallen ausgewichen werden. Im vergangenen Jahr seien 1,3 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen, sie alle seien untergebracht worden, und in diesem Jahr sei mit "einer weiteren, sehr großen Zahl von Menschen, die zu uns kommen, zu rechnen", sagte Ferlemann. In dieser Lage müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass die kommunale Ebene, die für die Unterbringung der Geflüchteten zuständig ist, vom Bund besser unterstützt werde. Die Kommunen sollten eine erleichterte baurechtliche Genehmigung erteilen können. Diese Frist solle bis Ende 2027 verlängert werden, "damit Kommunen Planungssicherheit bekommen". Das jetzige Baurecht gebe das nicht her. Ferlemann begrüßte, dass das Bundeskabinett der Fristverlängerung bis 2027 bereits am Mittwoch zugestimmt hat.

Die Bundesregierung hat auf die Lage reagiert, findet die SPD

Brian Nickholz (SPD) verwies darauf, dass die Bundesregierung schon auf "die angespannte Lage in den Kommunen reagiert hat". Drei Beispiele verdeutlichten dies. So habe die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) über 330 Liegenschaften und rund 69.000 Unterbringungsplätze bereitgestellt, weitere seien in der Prüfung. Im vergangenen Jahr seien dreieinhalb Milliarden Euro an die Länder geflossen, zudem übernehme der Bund die Kosten für die Ukrainer, die Leistungen nach dem SGB II erhielten.

Carolin Bachmann (AfD) kritisierte den Antrag, ihrer Meinung nach sei es nicht der richtige Weg, "weitere Containerdörfer zu errichten". Landräte und Bürgermeister hätten den Bund wegen der Unterbringung kritisiert. Ihrer Meinung nach sei eine andere Politik nötig, demnach sollten abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden. "Das schafft Wohnraum", so Bachmann.

Dem widersprach Karoline Otte (Bündnis 90/Die Grünen). Die Bürger in den Kommunen hätten im letzten Jahr über eine Million geflüchtete Menschen "willkommen geheißen" und damit erneut "die Integrationskraft vor Ort unter Beweis gestellt". Der Bund sehe die Anstrengungen und sehe die Herausforderung, deshalb stünden in diesem Jahr 2,75 Milliarden Euro für Unterbringung, Versorgung und Integration für die Länder zur Verfügung. Für den fehlenden Wohnraum brauche es pragmatische Lösungen, deshalb habe die Bundesregierung eine Änderung des Baugesetzes beschlossen. Damit werde den Kommunen schneller geholfen, schneller zu bauen. Jedoch brauche es eine neue Wohngemeinnützigkeit, damit Miete bezahlbar bleibe und bestehende Sozialwohnungen nicht aus der Sozialbindung herausfielen. "Daran arbeiten wir", sagte Otte.

Linke setzt auf sozialen Wohnungsbau und Wohngemeinnützigkeit

Das unterstrich auch Caren Lay (Die Linke), es brauche "einen Neustart im Sozialen und Gemeinnützigen Wohnungsbau", damit würden nicht nur Geflüchtete, sondern auch Menschen mit geringem Einkommen eine Chance auf bezahlbaren Wohnraum bekommen. Der Unionsantrag hingegen führe lediglich dazu, dass "noch mehr Zwischenlösungen am Stadtrand entstehen", solche Notstrukturen müssten die Ausnahme sein, "auch für Geflüchtete brauchen wir dauerhafte Wohnungen", sagte Lay. Wer in Hallen oder Container leben müsse, dem werde Integration erschwert oder gar unmöglich gemacht.

Für Rainer Semet (FDP) hat das Problem Wohnungsknappheit andere Ursachen. Es brauche eine Reform des Baugesetzbuches, schnellere Verwaltungsprozesse und mehr "serielles Bauen und Holz als Baustoff". Die Vorschläge im Unionsantrag seien in einigen Punkten bereits überholt, da das Bundeskabinett schon reagiert habe und die Sonderregelungen nach Paragraf 246 bis Ende 2027 verlängert worden seien, zudem stünden durch den Bund in diesem Jahr 2,7 Milliarden Euro für die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter zur Verfügung.