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Gastkommentare : Pro und Contra: Alles schon aufgearbeitet?

Ist ein Untersuchungsausschuss zu Scholz und Cum-Ex im Bundestag sinnvoll? Ein Pro und Contra von Kerstin Münstermann und Timot Szent-Iványi.

24.04.2023
2024-03-18T09:21:16.3600Z
3 Min

Pro

Ein wenig schwach

Foto: RP/Andreas Krebs
Kerstin Münstermann
ist in der Chefredaktion der "Rheinischen Post" in Düsseldorf tätig.
Foto: RP/Andreas Krebs

Ein Untersuchungsausschuss", sagte einst der ehemalige Außenminister Joschka Fischer, "ist erstens ein Kampfinstrument, zweitens ein Kampfinstrument und drittens ein Kampfinstrument". Fischer wusste dank dem Visa-Untersuchungsausschuss, der ihn politisch in Bedrängnis brachte, wovon er sprach. Nun kann dieses schärfste Instrument der Opposition, also die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, durchaus zur Aufklärung eines Sachverhalts beitragen. Der Untersuchungsausschuss zur Warburg-Affäre, den die Union beantragt hat, ist in erster Line eine Kampfansage an den SPD-Kanzler Olaf Scholz.

Keine Frage: Scholz sieht in der Affäre nicht gut aus. Sich an Inhalte von Treffen mit dem früheren Warburg-Chef Christian Olearius nicht erinnern zu können, ist grundsätzlich die schlechteste aller Ausreden. Der Kanzler hat es bisher versäumt, aktiv zur Aufklärung des Skandals beizutragen.

Allerdings stellt sich die Frage, was ein Untersuchungsausschuss im Bundestag bringen soll, wenn doch bei den Untersuchungen der Hamburger Bürgerschaft seit Jahren kein Beweis für eine politische Einflussnahme erbracht werden konnte. Der Union gehe es darum, den Sachverhalt aufzuhellen, heißt es lapidar. Hinsichtlich der Aussagen von Scholz müsse dann jeder für sich beurteilen, ob er das für glaubhaft halte, so Unionsvertreter. Das ist ein wenig schwach. CDU und CSU sollten vielmehr Wert darauf legen, welche Zeugen sie zu welchem Sachverhalt vernehmen wollen, oder welche Dokumente genauer geprüft werden sollen. Denn von bloßem Polit-Theater haben die meisten Wähler die Nase voll. Und das schärfste Schwert der Opposition darf nicht zur Farce verkommen. Sonst ist es künftig stumpf.

Contra

Offene Fragen

Foto: Privat
Timot Szent-Iványi
ist Redakteur beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Foto: Privat

Die Union macht keinen Hehl daraus, dass es bei dem von ihr geplanten Untersuchungsausschuss zum "Cum-Ex"-Skandal maßgeblich um eine Person geht: Um Bundeskanzler Olaf Scholz. Sie will den Ausschuss dazu nutzen, die Rolle des früheren Hamburger Bürgermeisters in der Affäre um die krummen Geschäfte der Privatbank M.M. Warburg zu untersuchen und ihn damit bloßzustellen oder gar zu Fall bringen. Das ist das gute Recht der Opposition. Der Vorwurf, sie verfolge mit dem Untersuchungsausschuss vor allem parteipolitische Ziele, ist wohlfeil. Ein Untersuchungsausschuss würde kaum als schärfstes Schwert der Opposition gelten, wenn es nicht darum gehen kann, neben einer sachlichen Aufklärung eines Sachverhalts auch die Regierung in Bedrängnis zu bringen.

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Das gilt umso mehr, als in diesem Fall der Sachverhalt tatsächlich nicht aufgeklärt ist. Und daran ist der wenig auskunftsfreudige SPD-Politiker nicht gerade unschuldig. So ist es seltsam, dass er sich im Bundestags-Finanzausschuss im Juli 2020 offenbar noch an Treffen mit dem Bank-Eigentümer Christian Olearius erinnern konnte, sich bei späteren Befragungen durch den Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft aber auf Erinnerungslücken berief. Und ist es wirklich normal, dass die Finanzverwaltung eines Bundeslandes ganz ohne Zutun oder Wissen des Regierungschefs eine Steuerforderung in Millionenhöhe verjähren lässt? Welche Rolle spielte der frühere SPD-Spitzenpolitiker Johannes Kahrs? Woher stammen die 214.000 Euro, die die Staatsanwaltschaft in seinem Bankschließfach gefunden hat? Offene Fragen, auf deren Beantwortung die Öffentlichkeit ein Anrecht hat - Parteipolitik hin oder her.