L äuft ein Schiff aus dem Ruder, lässt es sich nicht mehr steuern, die Mannschaft verliert die Kontrolle. Übertragen auf die Politik, lässt sich das nun wirklich nicht sagen. Sozialausgaben unterliegen politischen Entscheidungen. Beispiel Rente: Dass der Etat des Arbeits- und Sozialministeriums zum großen Teil für die Altersversorgung ausgegeben wird, ist in dem politischen Ziel begründet, weder die Beiträge der noch Arbeitenden noch die Armut von Ruheständlern (und vor allem Ruheständlerinnen) "aus dem Ruder laufen" zu lassen. Wer glaubt, diese Zahlungen belasteten den Etat zu stark, hätte sehr wohl Möglichkeiten, das politische "Schiff" anders zu "steuern". Zum Beispiel durch Steuern, etwa auf hohe Vermögen. Schon wäre die Belastung der Staatsfinanzen geringer.
Will sagen: Wer behauptet, die Sozialausgaben liefen aus dem Ruder, will den Leuten weismachen, sie brächten die Staatsfinanzen irgendwann zum Kentern wie ein Schiff bei Sturm und Wellengang. Das ist auch deshalb nicht redlich, weil es den wahren Grund für Rentenzuschüsse, Bürgergeld, Kindergrundsicherung und anderes unterschlägt: allen Menschen in einem reichen Land ein Leben in Würde und ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Beteiligung zu ermöglichen.
Wer diesem Ziel keinen Vorrang einräumen möchte, soll das offen sagen, statt Fantasien vom drohenden Kontrollverlust in die Welt zu setzen. Es fällt schon auf, dass das Bild vom "Aus-dem-Ruder Laufen" der Sozialausgaben häufig von denen benutzt wird, die den vielleicht nicht "aus dem Ruder laufenden", aber stets wachsenden Reichtum einer kleinen Oberschicht unbedingt unangetastet lassen wollen.
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