Zählappell bei der Bundeswehr: Wieviel Leoparden könnte Deutschland abgeben, wenn es einen Beschluss gäbe? Das neue Jahr bringt eine neue Dynamik bei der Unterstützung der Ukraine gegen die russische Invasion. Auch deshalb ist der Krieg zurück im Mittelpunkt des parlamentarischen Geschehens. Nicht nur der Bundestag debattierte, sondern auch das Europaparlament und das in bemerkenswerter Weise. Während Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Weltwirtschaftsforum in Davos der Frage nach Kampfpanzern wieder einmal auswich, forderte ihn das EU-Parlament zeitgleich und unmissverständlich auf, den Weg für die Lieferung von Leopard 2 frei zu machen.
Das war ein starkes Stück, denn das EU-Parlament geht in normalen Zeiten den Regierungschef eines Mitgliedstaates nicht so frontal an. Angestoßen hatte die Debatte Reinhard Bütikofer, langjähriger Bundesvorsitzender der Grünen, ein Parteifreund der Außenministerin. Im Bundestag ging die Initiative einen Tag später von der CDU/CSU-Fraktion aus. Sie räumte dafür ihren prominentesten Plenarplatz frei, 10 Uhr am Donnerstag, kurz nach der Vereidigung des neuen Verteidigungsministers. Regierungsverantwortung wog in Deutschland vielleicht noch nie so schwer, wie seit dem russischen Überfall auf die Ukraine vor fast einem Jahr. In Fragen von Krieg und Frieden gilt es, jede unbedachte Aktion zu vermeiden. Der Bundeskanzler nennt das: Erst abstimmen und dann gemeinsam handeln.
Wer so handelt, nimmt eine gewisse Zögerlichkeit in Kauf. Doch nicht jedes Zögern ist ein Zaudern, manchmal ist es Strategie. Helme, Handfeuerwaffen, tragbare Lenkwaffen für die Panzer- und Luftabwehr, Flakpanzer, Haubitzen, Raketenwerfer und jetzt die Panzerfrage: Bei jeder Steigerung der Kampfkraft deutscher Waffenlieferungen muss sich der russische Präsident fragen, ob er deswegen eine direkte Reaktion wagen soll. Erst recht, wenn der gesamte Westen ähnliches liefert.
Das Problem: So ein Vorgehen kostet Zeit und jeder Tag bedeutet für die Ukraine den Tod vieler Menschen. Die Ukraine blutet aus, während Russland seine zahlreichen Rückschläge schlicht in Kauf nimmt und weiter zehntausendfach Soldaten einmarschieren lässt. Putin hat seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 auf diesen Krieg gewartet, er kann also weiter warten, die Ukraine auf westliche Kampfpanzer nicht mehr lange.
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