Redner aller Fraktionen haben die Gewalt bei Demonstrationen gegen den Abriss des Dorfes Lützerath für den Braunkohleabbau im rheinischen Revier verurteilt. Zugleich wurde in einer von der AfD beantragten Aktuellen Stunde des Bundestages am Freitag deutlich gemacht, dass sich die meisten Teilnehmer an den Demonstrationen friedlich verhalten und von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht hätten.
Verharmlosung Karsten Hilse (AfD) bezeichnete gewalttätige Demonstranten mit "Molotow-Cocktails als "verabscheuungswürdige Gestalten". "Diese potenziellen Mörder als Aktivisten zu verharmlosen, ist ein Schlag ins Gesicht aller Einsatzkräfte", sagte Hilse. Die meisten würden friedlich demonstrieren, aber diejenigen, denen schwerste Verletzungen oder der Tod von Polizisten egal seien, seien "potenzielle Mörder". Grünen-Politikern warf Hilse vor, im Bundestag für den Abriss der letzten Häuser gestimmt zu haben und dann zu den Demonstrationen in Nordrhein-Westfalen gefahren zu sein. Das sei "pure Heuchelei". Den "Klima-Extremisten" warf er vor, keinen Kompromiss zu wollen.
Sebastian Fiedler (SPD) bescheinigte der Polizei, in Lützerath gute Arbeit geleistet zu haben. Er verurteilte die Gewaltausbrüche. Es gebe ernstzunehmende Hinweise, dass man auch auf den Linksextremismus schauen müsse. Linksextremisten würden versuchen, diese Proteste zu unterwandern. "Und das ist durchaus ein Problem, und das muss deswegen angesprochen werden, weil es die guten Bemühungen der Klima-Aktivisten diskreditiert", so Fiedler.
Wilfried Oellers (CDU) erinnerte an die von Bundesregierung, Landesregierung Nordrhein-Westfalen und RWE geschlossene Vereinbarung, nach der mehrere Dörfer erhalten blieben, aber Lützerath weichen müsse. "Natürlich kann man diese Vereinbarung kritisieren und dagegen demonstrieren, aber bitte im Rahmen des rechtlich Erlaubten", forderte Oellers. Der Rechtsstaat müsse sich gegen die Gewalt zur Wehr setzen.
Für Lukas Benner (Grüne) ist Braunkohle der "absolute Klimakiller". Daher sei es ein Erfolg, dass der Ausstieg aus der Braunkohle auf 2030 vorgezogen werde. Man könne das kritisieren, "aber für unsere Region ist das ein Schlussstrich für die Verstromung von Braunkohle in der rheinischen Region". Aber die Erfolge würden nicht für das 1,5-Grad-Ziel reichen. Der Ausbau erneuerbarer Energien müsse beschleunigt werden, damit "die Kohle unter Lützerath nicht verfeuert wird". Zu den Protesten sagte er, dass ein Großteil der Menschen absolut friedlich gegen Braunkohle demonstriert habe. "Wer die Grenze zur tätlichen Gewalt überschreitet, verliert unser aller Solidarität", sagte Benner.
Janine Wissler (Linke) sagte, angesichts der Bedrohungen durch die Klimakrise bleibe nur noch wenig Zeit zum Umsteuern. Darum gehe es, und das müsse man sich vor Augen halten, wenn jetzt ein Dorf und ein Windpark abgerissen werden würden, um dort Kohle zu fördern, die für die Versorgungssicherheit nicht gebraucht werden. Grüne Politiker hätten den Kompromiss mit RWE ausgehandelt. "Wenn es ernst wird, zeigen die Grünen ein Rückgrat wie ein Wackelpudding", kritisierte Wissler. Die Bezeichnung "Klima-Terroristen" wies sie zurück.
Jeder könne für seine Überzeugung auf die Straße gehen, sagte Manuel Höferlin (FDP). Aber es müsse schließlich Kompromisse geben, mit denen am Ende alle leben müssten. Auch nach den Entscheidungen könne jeder noch demonstrieren. Aber inzwischen stehe nicht mehr der Konsens im Mittelpunkt, sondern der eigene Standpunkt. "Die eigene Meinung wird absolut gesetzt, und dann passieren die Grenzüberschreitungen wie jetzt in Lützerath", beklagte Höferlin. Der Grundkonsens der Gesellschaft zur friedlichen Konfliktlösung dürfe nicht überschritten werden.
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