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Manutscharjan, Aschot
Kurz rezensiert

Der Mitbegründer und Chefredakteur der unabhängigen russischen Zeitung "Nowaja gazeta", Dmitrij Muratow, erhielt im Jahr 2021 den Friedensnobelpreis für seinen Einsatz für Meinungsfreiheit in Russland. Seinen Anteil am Preisgeld spendete er bis auf den letzten Cent mehreren Wohltätigkeitsorganisationen. Muratows Kollegin, Jelena Kostjutschenko, freute sich für ihren Chef aus einem ganz anderen Grund. "Ich dachte, jetzt wird er nicht mehr ermordet" - wie andere Kollegen der "Nowaja".

Als 17-Jährige kam Kostjutschenko in die Redaktion und arbeite weitere 17 Jahre für die Zeitung bis zu ihrer Schließung im März 2022. Die kritische Haltung der "Nowaja" zum Krieg Russlands gegen die Ukraine führte dazu, dass Putin die letzte unabhängige Zeitung des Landes verbieten ließ. Die investigativen Reportagen, die Kostjutschenko direkt nach Kriegsbeginn vom Ort des Geschehens schrieb, entlarvten die Lügen der Kreml-Propaganda. Ihr bitteres Fazit: "Ich bin Russin, die von Berufs wegen darüber schreibt, wie sich Ukrainer und Russen gegenseitig umbringen."

Rückblickend erinnert sich die Journalistin: "In den kuscheligen Nullerjahren waren wir die Verrückten, die aus irgendeinem Grund Schlechtes über das gute Leben schrieben." Am Ende war sie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. In ihrem sehr empfehlenswerten Buch beschreibt Kostjutschenko nicht nur das Leben in Moskau, sondern das "wahre Russland" mit den von Konzernen verursachten Umweltkatastrophen, die vielen Menschen das Leben kosten.

Als die ganze Welt Russlands Präsidenten hofierte, berichtete allein die "Nowaja" über Putins autoritäres Herrschaftssystem. "Draußen keimte der Faschismus. Wir beschrieben ihn, so gut es ging." Bis zum 24. Februar 2022. Auf den eklatanten Völkerrechtsbruch war die Autorin "kein bisschen vorbereitet". Von einem Tag auf den anderen "sind wir die Faschisten".

Aus Politik und Zeitgeschichte

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