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WACHSTUMSCHANCENGESETZ
Balling, Stephan
Gedämpfte Erwartungen

Wirtschaft fordert weitere Maßnahmen zur Entlastung

Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft trüben sich weiter ein, kurzfristig, aber vor allem auch mittelfristig. Das zeigen die Daten, die der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung am Mittwoch der Bundesregierung präsentierte.

Dabei überraschte nicht, dass die Wirtschaftsweisen für 2023 eine Rezession erwarten. Aber mit ihrer Wachstumsprognose für die deutsche Volkswirtschaft von nur noch 0.7 Prozent für 2024 zeichnen sie ein besonders düsteres Bild, dunkler als der Internationale Währungsfonds (IWF), der immerhin noch 0.9 Prozent erwartet, und deutlich entfernt von jenen 1,3 Prozent, mit denen die Bundesregierung rechnet.

Auch langfristig sieht es den Daten zufolge eher düster aus, denn das Potenzialwachstum des nächsten Jahrzehnts stufen die Sachverständigen ebenfalls herab, auf magere 0,4 Prozent. Dabei wäre mehr Wachstum nötig. Die Wirtschaftsweisen schreiben: "Ein höheres Produktionspotenzial erweitert zum einen die in einer Volkswirtschaft für Konsum- und Investitionstätigkeit verfügbaren Ressourcen. Zum anderen erhöht es die zur Verteilung der Einkommen innerhalb der Bevölkerung vorhandenen Spielräume. So kann die Transformation sozialverträglicher gestaltet werden. Gleichzeitig können Investitionen in den Kapitalstock ermöglicht werden."

Das Gutachten des Sachverständigenrats mahnt Handlungsbedarf an, und die Bundesregierung hat das auch bereits seit Längerem auf dem Schirm. Ihr Wachstumschancengesetz (20/8628) befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Ziel der Ampel-Koalition ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu stärken.

Klimaschutz-Investitionen Als "Herzstück" des sehr umfangreichen und viele Einzelmaßnahmen adressierenden Gesetzentwurfs bezeichnete ein Ampel-Vertreter im Finanzausschuss die geplante Klimaschutz-Investitionsprämie. Wenn Unternehmen klimafreundliche Investitionen tätigen, dann sollen sie dazu künftig einen Zuschuss von 15 Prozent erhalten. Neben der Klimaschutz-Investitionsprämie sieht der Gesetzentwurf eine Reihe von vor allem steuerpolitischen Maßnahmen vor, zu denen der Finanzausschuss am vergangenen Montag zwei umfangreiche öffentliche Anhörungen durchgeführt hat.

Die knappe Botschaft der Anhörung: Die Wirtschaftsverbände finden das Gesetz im Grundsatz gut. Positiv beurteilten die Spitzenverbände die Verbesserungen bei der Verlustverrechnung, die Verbesserung der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung, die Erhöhung der Grenzen für Sofortabschreibungen bei geringwertigen Wirtschaftsgütern sowie verbesserte Sonderabschreibungen.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA) nannte es grundsätzlich richtig, Maßnahmen für die Stärkung der Investitionstätigkeit zu ergreifen. Durch das Gesetz werde die Investitionstätigkeit der Unternehmen um elf Milliarden Euro angeschoben. Die Verbesserung der Forschungsförderung stärke die Innovationskraft im Land.

Kritische Äußerungen kamen zu den hohen Energiepreisen. Unter anderem der Zentralverband des deutschen Handwerks verlangte eine Senkung der Stromsteuer. Immerhin zeichnet sich hier in der Bundesregierung Bewegung ab. Laut Medienberichten plant die Regierung, die Stromsteuer von derzeit 2 Cent auf 0,05 Cent - das europäische Minimum - zu senken.

Handlungsbedarf bei Stromsteuer Aber nicht nur bei der Stromsteuer sieht die Wirtschaft Handlungsbedarf. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer sprach sich für eine Senkung der im internationalen Vergleich hohen Unternehmenssteuern aus. Das Wachstumschancengesetz sei nicht das, was man sich unter einer großen Reform vorstelle, hieß es.

Professor Roland Ismer (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) nannte die in dem Entwurf enthaltene Klimaschutz-Investitionsprämie ein Projekt von "zentraler Bedeutung für die Transformation der Wirtschaft, die jetzt ansteht". Rechtlich sei die Prämie schwierig, weil es Probleme mit dem unionsrechtlichen Beihilfeverbot geben könne. Es müsse ein Regelung gefunden werden, damit es nicht zu Rückforderungen der Prämie kommen könne. Das Handwerk nannte die Klimaschutzprämie grundsätzlich richtig, forderte jedoch Nachbesserungen für kleine Unternehmen. So drohe die Pflicht zur Einschaltung von Energieberatern zu einem "Flaschenhals" zu werden.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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