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Indizien und Vermutungen statt Fakten und Beweisen

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS Für Sonderermittler Dick Marty steckt hinter den CIA-Flügen ein Nato-Geheimbeschluss

30.03.2009
2023-08-30T11:23:51.7200Z
2 Min

Dieser Moment hatte einen gewissen Kick. Tischte da einer einen prickelnden Verschwörungs-Thriller auf? Oder legte da jemand eine politische Zeitbombe, die fortan tickt? Im Untersuchungsausschuss staunte man nicht schlecht, als Dick Marty von einem geheimen Nato-Abkommen zum Anti-Terror-Kampf vom Herbst 2001 erzählte: Diese Übereinkunft habe den US-Geheimdiensten volle Bewegungsfreiheit in den Bündnisstaaten garantiert, auch hätten sich deren Agenten sicher sein können, keiner Strafverfolgung ausgesetzt zu werden.

Nato-Geflecht

Aus diesem Abkommen zog der vom Europarat mit der Aufklärung der "Renditions" beauftragte Schweizer Politiker den Schluss, dass die Nato-Regierungen über die rechtswidrige Verschleppung von Terrorverdächtigen durch die CIA zu Geheimgefängnissen informiert gewesen sein müssen. Berlin sei von diesem Nato-Geflecht nicht abgekoppelt gewesen, gab sich Marty überzeugt. Über die Vereinbarung seien in den Hauptstädten nur wenige unterrichtet worden. Ob das in Deutschland Ex-Innenminister Otto Schily gewesen sein könne, wollte der FDP-Abgeordnete Hellmut Königshaus wissen. "Das passt theoretisch ins Schema", meinte Marty, konkret beweisen könne er es nicht. Sein Fazit lautete: Es sei "absolut unglaubhaft", dass die europäischen Regierungen bis 2005 nichts von den CIA-Aktionen gewusst haben wollen.

Aber stimmt die aufregende Story? Die Nato-Übereinkunft sei von "Quellen" bestätigt worden, die er als glaubwürdig einstuft, denen er aber Vertraulichkeit zugesichert habe. So etwas hält die Spannung hoch. Für den Europarats-Beauftragten löst das Nato-Abkommen das Rätsel um die staatliche Geheimhaltung, die in Europa und auch in Deutschland die volle Aufklärung der Renditions verhindere. Die Wahrheit werde aber ans Tageslicht kommen, prognostizierte Marty: Er hoffe auf die USA, wo die kritische Aufarbeitung des Anti-Terror-Kampfs anläuft.

Belege für eine konkrete Verwicklung Berlins in die Renditions hat der Zeuge indes nicht zur Hand. Im Fall des verschleppten Khaled El-Masri machte er Indizien für eine Weitergabe von Informationen an die CIA aus. Aber Hinweise auf die Existenz von US-Geheimgefängnissen hierzulande hat er nicht, auch nicht dafür, dass CIA-Verschleppungen in der Bundesrepublik ihren Ausgang hatten.