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4,6 Milliarden Euro Entlastung für Familien

FINANZEN Bundesrat lässt das erste Steuerpaket von Schwarz-Gelb passieren. Die nächsten Reformschritte stehen unmittelbar bevor

21.12.2009
2023-08-30T11:24:17.7200Z
3 Min

Die neue Koalition von Union und FDP hat ihr erstes großes Gesetzesvorhaben durchgebracht. Ab Januar 2010 wird es zu einer milliardenschweren Entlastung von Familien und Unternehmen kommen. Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat am 18. Dezember dem Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstum (17/15, 17/138) mit der Mehrheit der von Union und FDP regierten Länder zu.

Zuvor hatten die von CDU/FDP-Koalitionen regierten Bundesländer Schleswig-Holstein und Sachsen ihren Widerstand gegen die aus ihrer Sicht zu kostspieligen Steuersenkungspläne aufgegeben. Die Bundesregierung hatte den Ländern davor mehr Mittel für Bildung in Aussicht gestellt. Von Länderseite wird dagegen ein höherer Anteil an der Umsatzsteuer erwartet, da Mittel aus Berlin für Bildungsmaßnahmen gegen die Verfassung verstoßen würden.

Widerstand beendet

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) zeigte sich mit dem Ergebnis der Gespräche mit der Bundesregierung zufrieden: "Der Widerstand der letzten Tage hat sich gelohnt." Sein sächsischer Kollege Stanislaw Tillich (CDU) legte Wert auf die Feststellung, er habe sich "nicht rauskaufen lassen".

Schwerpunkt des Gesetzes ist eine Erhöhung des Kindergeldes um 20 Euro pro Kind und Monat, die zu Mehrausgaben von 4,2 Milliarden Euro führt. Die gleichzeitige Erhöhung des Kinderfreibetrages schlägt mit 400 Millionen Euro zu Buche. Knapp eine Milliarde Euro kostet die Einführung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Übernachtungen in Hotels und auf Campingplätzen, die besonders heftig umstritten war. Für Übernachtungen wird ab Januar nur der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent fällig, während bisher der volle Satz von 19 Prozent galt. Damit folgt Deutschland den meisten Nachbarländern, die die Sätze ebenfalls gesenkt haben.

Mit dem Gesetzesbeschluss werden auch einige Gegenfinanzierungsmaßnahmen, die die große Koalition im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform eingeführt hatte, endgültig aufgehoben. Sie waren bereits von Schwarz-Rot mit den Konjunkturpaketen vorübergehend ausgesetzt oder gemildert worden. Zu den wichtigsten Maßnahmen in diesem Zusammenhang gehört die Lockerung der Zinsschranke. Damit können Unternehmen jetzt unbefristet höhere Zinskosten als bisher steuerlich geltend machen.

In der Debatte des Bundesrates war trotz der Zustimmung zum Gesetz eine gewisse Distanz zur Regierungspolitik selbst im Union/FDP-Lager nicht zu übersehen. So sprach der scheidende baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), der EU-Kommissar in Brüssel wird, von "Sprengsätzen" der schwarz-gelben Steuerpolitik, deren Folgen noch nicht absehbar seien. Trotz der Steuersenkungen würden die Bürger eher weniger statt mehr Geld in der Tasche haben, weil die Kommunen ihre Gebühren stark anheben müssten. Oettinger hält Zinssteigerungen für möglich. Damit werde sich das Schuldenproblem des Staates noch verschärfen.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) wies erneut darauf hin, dass die Länder nicht auf Einnahmen verzichten könnten. Wie Oettinger ging auch Beck davon aus, dass Städte und Gemeinden zum Mittel der Gebührenerhöhungen greifen müssen, um die Einnahmeausfälle auszugleichen. Die Länder könnten keine Einnahmeausfälle hinnehmen, zugleich riesige Ausgaben für den Bildungssektor tätigen und außerdem die Schuldenbremse einhalten. "Das ist schlicht und einfach unmöglich", konstatierte Beck.

Dagegen zeigte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Debatte des Bundesrates etwas optimistischer. Das Ende der Krise könne nächstes Jahr erreicht sein. Die Politik von weiter klug dosierten Wachstumsimpulsen sei richtig, verteidigte Schäuble das Wachstumsgesetz.

Die Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern, Regierung und Opposition sowie in den Unionsparteien selbst um den richtigen Weg in der Steuerpolitik dürften im nächsten Jahr noch an Schärfe zunehmen. Bis zum Sommer stehen die Entscheidungen an, in welcher Form die Bundesländer eine Kompensation für die Einnahmeausfälle durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz erhalten werden.

Danach sollen die ersten Verhandlungen über die von Union und FDP angekündigte große Steuerreform beginnen. Nach der Koalitionsvereinbarung soll es ab 2011 eine Steuerentlastung der kleinen und mittleren Einkommen sowie für Familien mit Kindern in Höhe von 24 Milliarden Euro geben.