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Grenzen des Wachstums

KONZESSIONEN Kommunen bringen Eon & Co in die Klemme

11.01.2010
2023-08-30T11:25:44.7200Z
3 Min

Die großen Energiekonzerne haben das Ende ihres rigiden Wachstums- und Konzentrationsprozesses erreicht. RWE, Vattenfall, EnBW und Eon brauchen neue Geschäftsmodelle. Besonders heftig hat es den Düsseldorfer Energiekonzern Eon erwischt. Immer mehr Städte und Gemeinden wenden sich von dem Unternehmen ab. In Schleswig-Holstein schlagen die energiepolitischen Wellen besonders hoch.

Konzessionen enden

In vielen deutschen Kommunen enden in den nächsten Jahren die Konzessionsverträge. Das exklusive Recht, Strom- und Gasleitungen unter Straßen und Plätzen einer Gemeinde zu verlegen und zu betreiben, ist ein energiepolitischer Schlüsselfaktor. Die Bürgermeister haben die Wahl: Sie können eigene Stadtwerke betreiben und diesen die Konzessionen anvertrauen oder sie an einen der großen Energiekonzerne vergeben. Manchmal bewerben sich auch ausländische Unternehmen oder größere, meist benachbarte Stadtwerke um das Nutzungsrecht an den Leitungen. In Schleswig-Holstein steht die energiepolitische Weichenstellung auf kommunaler Ebene besonders früh an. Hier müssen nach Schätzungen des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) bereits bis 2012 bis zu 800 Verträge erneuert werden. Schleswig-Holstein verfügt über mehr als 1.000 Städte und Gemeinden. Knapp 80 Prozent davon haben bisher einen Konzessionsvertrag mit der Eon Hanse, einem der größten regionalen Tochterunternehmen des Düsseldorfer Energiekonzerns, abgeschlossen. Die starke Stellung des rheinischen Energiekonzerns im Norden ist das Resultat einer rund 30jährigen Aufkauf- und Konzentrationswelle. Wehmütig erinnern sich viele Bürgermeister zwischen Flensburg und Brunsbüttel an die alte Schleswag, einem regional verwurzelten Energieunternehmen, das über die hannoversche Preußen-Elektra und den Viag-Konzern schließlich bei Eon landete.

In Quickborn, am Unternehmenssitz auf halber Strecke zwischen Hamburg und Kiel, machen sich Vorstand und Belegschaft der Eon Hanse massive Zukunftssorgen. "Kommunen, die sich für den eigenen Weg in der Energieversorgung entscheiden, gefährden die Versorgungssicherheit und treiben die Kosten in die Höhe", argumentiert Netz-Vorstand Klaus Lewandowski gegen die Erosion der Konzessionspartner zu trotzen. Führende Energierechtler befassten sich auf ihrer 38. Energierechtlichen Tagung Ende des vergangenen Jahres in Köln mit dem Thema. Eon Hanse-Finanzvorstand Guido Knott, präsentierte das Modell einer neuen regionalen Netzgesellschaft. "Kurz gefasst lautet der Vorschlag Konzessionen gegen Aktien", erklärte Knott. In einem Schreiben an rund 1.000 Städte und Gemeinden hat Eon Hanse bei den Bürgermeistern und Räten für den Kauf von Aktien der in Gründung befindlichen Schleswig-Holstein Netz AG geworben. Zwar vermeidet die neue Gesellschaft den Namensbestandteil Eon, doch mehr als 49,9 Prozent will der Energiekonzern den Kommunen nicht anbieten. Knott verteidigt das Modell vor allem betriebswirtschaftlich. Doch das "Netz der Netze" hat in Schleswig-Holstein bereits einige Löcher. So haben Heiligenhafen, Rellingen, Uetersen, Brunsbüttel sowie einige Kreise sich bereits für die Rekommunalisierung ihrer Strom- und Gasleitungen entschieden.

Für zahlreiche Landgemeinden mit geringer Anschlussdichte, aber langen Leitungen werde es zu drastischen Kostensteigerungen bei den Netzentgelten kommen, argumentiert Eon-Vorstand Knott. "Wir erhalten zur Zeit viele Anfragen aus Städten und Gemeinden, die ihr eigenes Energieunternehmen gründen wollen", berichtet dagegen Jochen von Altwörden, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Städteverbands Schleswig-Holstein. "Kommunale Unternehmen sind wichtige Partner der Kommunalpolitik", sagt auch Susanne Treptow, die Geschäftsführerin der Stadtwerke Hameln. Zu den Rekommunalisierungsskeptikern zählt dagegen Thomas von Danwitz, Richter am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Er sieht in den kommunalfreundlichen Regelungen des neuen EU-Vertrags eine Verwässerung des angestrebten EU-Binnenmarktes.

Das ficht Claus Möller nicht an. Der frühere schleswig-holsteinische Energieminister erkennt zwar an, dass die von Eon für den Norden angebotene Netzgesellschaft "besser als frühere Lösungen" sei, doch bleibe das Problem "des zentral geführten Konzerns" bestehen.