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Zug-Beschleuniger

HAFENBAHN 74 Eisenbahn-Unternehmen fahren auf dem Netz

12.04.2010
2023-08-30T11:25:53.7200Z
3 Min

Über den Erfolg eines Seehafens entscheiden viele Faktoren. Die Hinterland-Verkehrs-Anbindungen gehören dazu. Der Hamburger Hafen hat hier über Jahrzehnte hinweg im Vergleich zu seinen Mitbewerbern punkten können. Der Elbe-Hafen ist Europas größter Eisenbahnha-fen. Wobei sich die Größe zum Beispiel am Anteil der Bahn am sogenannten Modal Split, also der Aufteilung der Beförderungsleistung der verschiedenen Verkehrsträger am Gesamtladungsaufkommen, bemisst. Und es gibt eine weitere Besonderheit. In Hamburg gehört das Netz der Hafenbahn - aktuell rund 300 Kilometer - dem Stadtstaat Hamburg, der es in die Obhut der Hamburg Port Authority (HPA) gegeben hat. Harald Kreft (40) leitet seit 2008 die Hafenbahn. In diese Zeit fallen im Wortsinne wichtige Weichenstellungen. Zu den Aufgaben, die Kreft und seine Mitarbeiter anpackten, gehört die Runderneuerung des Hafenbahn-Netzes. Ein Kraftakt. Über Jahre hinweg wurde in den Netzbestand nur auf Spar-flamme investiert. Und das, obwohl die Umschlagmengen, die über das Netz der Hafenbahn bewegt wurden, über die Jahre hinweg kontinuierlich stiegen. 2008 wurden über das Hafenbahnnetz rund 39,8 Millionen Tonnen Ladung bewegt. Das Containeraufkommen belief sich auf knapp 1,9 Millionen TEU (Zwanzig-Fuß-Container). Die Folgen der Vernachlässigung brachen sich im Sommer 2006 Bahn, als das Bahnnetz kurz vor dem Kollaps stand. Es hagelte wütende Proteste seitens der Hafenkunden. Mit einem "Sofortprogramm" wurden die größten Engpässe beseitigt.

Sanierungsstau

Aus dem Ad-hoc-Programm ist ab 2008 eine systematische Ertüchtigung des engmaschigen Netzes geworden, zu dem auch mehrere Rangierbereiche gehören. Ende 2009 war der Sanierungsstau bei der Hafenbahn fast vollständig beseitigt. Mit der verbesserten Netzqualität werde es möglich, "dass die Hafenbahn die kommenden Verkehre auf einem funktionstüchtigen Netz abwickeln kann", sagt Harald Kreft, der von Haus aus gelernter Gleisbauer ist und sich über eine wissenschaftlich fundierte Fachausbildung weiterqualifizierte.

Insgesamt gab die HPA allein im vergangenen Jahr rund 27,4 Millionen Euro für die Erneuerung und Sanierung weiterer Abschnitte der Hafenbahn aus. Damit konnten gut 32,8 Kilometer Gleisstrang sowie 66 Weichen ausgetauscht werden. Neben Schienen und Weichen wurde auch die Signaltechnik weiter erneuert. Zudem optimierte die HPA ihre IT-Strukturen.

Hamburg steht, was die Zulassung Dritter zum Schienennetz angeht, im europäischen Vergleich geradezu mustergültig da. Kreft betont: "Wir haben aktuell Konzessionen an 74 unterschiedliche Eisenbahnverkehrs-Unternehmen (EVU) ausgestellt. Im April 2009 waren es noch 60. Die nächste Zielgröße für uns sind 100." Zum Vergleich: In den Niederlanden sind es aktuell um die 14 EVU. Im Hafen Antwerpen, der ebenfalls eine starke Eisenbahn-Dominanz hat, sind es noch nicht einmal fünf. Grundsätzlich lässt sich sagen: Die EVU-Vielfalt in Hamburg bewirkt unterm Strich mehr Menge, auch wenn es zwischen den einzelnen Gesellschaften Wettbewerb gibt. Eine weitere wichtige Maßnahme stellt das zu Jahresbeginn 2008 eingeführte neue "Entgeltsystem für die Schienennutzung", kurz "INES", dar.

Das System, das im Vorfeld der Einführung von Teilen der Hamburger Hafenwirtschaft aufgrund der zum Teil deutlichen Verteuerung der Schienennutzungsentgelte kritisiert wurde, sorgt jedoch aus HPA-Sicht dafür, dass sich Standzeiten von "Bummelzügen", die bislang die wichtigen Hauptstrecken des Netzes blockierten, verkürzen. Dadurch steige die sogenannte Durchlässigkeit des Schienennetzes. Das neue Entgelt-System hat inzwischen auch Interesse im europäischen Ausland geweckt.

Einnahmen verbessert

So will der Hafenbetrieb Rotterdam (HbR) ein vergleichbares System im größten europäischen Seehafen einführen. Zwischen HPA- und HbR-Experten hat es einen intensiven Erfahrungsaustausch gegeben. Ein Erfolg stellt aus Sicht der HPA auch das neue Betriebsleitsystem (BLS) sowie das Trassenplanungssystem "RailSys" dar.

Deutlich verbessern konnte die HPA 2008 auch die Einnahmen aus der Hafenbahnnutzung. Sie stiegen von 8,6 Millionen Euro auf gut 11,2 Millionen Euro - ein Plus von gut 31 Prozent. Harald Kreft ist überzeugt: "Wir liegen mit unserer Hafenbahn gut auf Kurs und haben noch viele Pläne in der Schublade."

Wichtig ist für Kreft aber auch eines: "Der Bund muss sich wesentlich stärker am Ausbau der Schiene auch im Hamburger Hafen beteiligen", fordert er und erklärt: "Denn wir leisten hier einen ganz entscheidenden Beitrag dafür, dass die von einem reibungslosen seewärtigen Außenhandel lebenden Firmen, von denen ja viele im Binnenland ansässig sind, ihre Erzeugnisse zu optimalen Bedingungen in den Hafen beziehungsweise vom Hafen ins Hinterland bekommen."