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Teurer Abflug

Haushalt Regierung plant 2011 Einsparungen von 11,2 Milliarden Euro - 1 Milliarde erhofft sie sich von der Flugabgabe

06.09.2010
2023-08-30T11:26:03.7200Z
3 Min

Das Sparpaket ist geschnürt. Die Regierung hat am vergangenen Mittwoch die angekündigten Konsolidierungsmaßnahmen in Höhe von rund 11 Milliarden Euro als Gesetzentwurf verabschiedet und als "Zukunftspaket" auf den Weg gebracht. Jetzt hat der Gesetzgeber das Wort: Die Bundestagsabgeordneten müssen das Paket nun aufschnüren, prüfen, ändern und verwerfen und die Sparmaßnahmen dann als Haushaltsbegleitgesetz verabschieden. Dies soll bis Ende November geschehen.

Worum geht es? Um die vom Grundgesetz vorgeschriebene Schuldenbremse einzuhalten, muss der Bund in den Jahren 2011 bis 2016 pro Jahr rund 10 Milliarden Euro einsparen. Im kommenden Jahr sollen davon 11,2 Milliarden Euro eingespart werden, die jeweils zu rund einem Drittel aus Einnahmeerhöhungen, aus Senkungen der Ausgaben und aus Einsparungen in der Bundesverwaltung und dem Verteidigungsetat erbracht werden sollen. Um mehr Geld einzunehmen, soll es unter anderem eine Luftverkehrsabgabe geben, die 1 Milliarde Euro einbringen soll. Vorgesehen ist ein nach Flugentfernung gestaffelter Tarif von 8, 25 und 45 Euro pro Abflug von einem deutschen Flughafen. Die Bahn soll an ihren Eigentümer, den Bund, jährlich 500 Millionen Euro abführen.

Heizkostenzuschuss streichen

Daneben will die Regierung Sozialgesetze "neu justieren". Vor allem geht es dabei um die Abschaffung des Zuschusses an die Rentenversicherung bei Langzeitarbeitslosen (1,8 Milliarden Euro), die Abschaffung des Elterngeldes bei Langzeitarbeitslosen (400 Millionen Euro) und die Streichung des Heizkostenzuschusses beim Wohngeld. Im Verwaltungsbereich sollen die disponiblen Ausgaben gekürzt werden (1,2 Milliarde Euro). Bei der Verwaltung will die Regierung bis zum Jahr 2014 jährlich 1,5 Prozent der Planstellen einsparen. Zu den weiteren Maßnahmen gehören die Verschiebung des Baubeginns des Berliner Stadtschlosses auf 2014, was 2011 100 Millionen Euro bringen soll. Insgesamt entsprechen die jetzt vorgelegten Maßnahmen den Beschlüssen der Kabinettsklausur Anfang Juni. Ausgenommen ist bisher nur die so genannte Brennelementesteuer, die jährlich rund 2,3 Milliarden Euro von der Energiewirtschaft bringen soll. Entsprechende Beschlüsse des Kabinetts werden für Ende September erwartet.

Lob und Kritik

Die Haushaltspolitiker von CDU/CSU und FDP verteidigten das Sparpaket. Für den haushaltspolitischen Sprecher der Union, Norbert Barthle, ist das Paket ausgewogen: "Wenn man das Sparpaket als Ganzes betrachtet, muss man feststellen, dass etwa ein Drittel den sozialen Bereich betrifft, etwa ein Drittel den eigenen Bereich und etwa ein Drittel die Unternehmen, wo wir einfach Gewinne abschöpfen." Er geht fest davon aus, dass die Energiewirtschaft in den kommenden vier Jahren jährlich 2,3 Milliarden Euro beitragen werde.

Der haushaltspolitische Sprecher der FDP, Otto Fricke, verteidigte die Einschnitte bei "Hartz-IV". Mehr als 50 Prozent der Gelder im Bundeshaushalt würden ins Sozialsystem fließen, der Sparanteil in diesem Bereich sei aber "deutlich geringer". Wirklich betroffen bei Hartz-IV-Empfängern seien nur die Bezieher von Elterngeld. Frickes Fraktionskollege Florian Toncar sagte: "Es gibt bei den Haushältern der Koalition überhaupt keine Zweifel, dass das verabredete Sparvolumen auf jeden Fall erreicht werden muss." Das heiße nicht, dass bei einzelnen Punkten nicht noch über Mittel und Wege gesprochen werden könne. Die Sprecher der Opposition kritisierten vor allem eine "soziale Schieflage". So betonte Carsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der SPD, dass seine Fraktion die Konsolidierung der Staatsfinanzen und die Einhaltung der Schuldenbremse in der Verfassung unterstütze. Fatal sei jedoch, wie die Bundesregierung durch die soziale Schieflage des Sparpakets die gesellschaftlich vorhandene Akzeptanz für die notwendige Konsolidierung zerstöre.

Das Paket sei in erster Linie ein Umverteilungspaket, kritisierte Schneider. Konkrete Einsparung gebe es nur durch die Belastungen für die Bevölkerung. Die Regierung kassiere bei Arbeitslosen und Geringverdienern, bei Eltern und Wohngeldempfängern ab und verschone "bewusst" die Gut-Verdiener. Außerdem fordere die Koalition keinen Beitrag von der Wirtschaft ein, sondern begünstige die Kernenergiewirtschaft durch längere Laufzeiten für Atomkraftwerke.

Umverteilung beklagt

Für Dietmar Bartsch (Linksfraktion) beschleunigt die Bundesregierung die Politik die Umverteilung von unten nach oben: "Das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger soll gestrichen werden und Hartz-IV-Empfänger sollen künftig nicht mehr rentenversichert sein."

Der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Alexander Bonde, kritisierte, dass das Kabinett "konkret und hart bei Schwachen" spare. Es bleibe jedoch unkonkret und wachsweich bei der Industrie. Im Sozialbereich sollen nach den Sparbeschlüssen der Koalition 32,3 Milliarden Euro bis 2014 gespart werden, sagte er. Die Industrie werde mit 18,7 Milliarden Euro herangezogen, davon allerdings allein 5,5 Milliarden Euro für die "selbstverständliche Rückführung" von Mitnahmeeffekten bei der Ökosteuer.