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Halbe-halbe ist perdu

GEsundheit Röslers Reformentwurf beschäftigt von Donnerstag an das Parlament. Ein Überblick

27.09.2010
2023-08-30T11:26:04.7200Z
3 Min

Zumindest etwas weniger sperrig als mancher Name früherer Gesundheitsreformen kommt der Titel des Gesetzentwurfs daher, der am Donnerstag erstmals im Bundestag diskutiert werden soll: "Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenenen Finanzierung des Gesundheitswesens". So heißt das Werk, mit dem Bundesminister Philipp Rösler (FDP) die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nach eigener Aussage "transparent, stabil und gerecht" machen will. "Das Parlament" gibt vor der Debatte einen Überblick zu den wichtigsten Neuregelungen des GKV-Finanzierungsgesetzes:

Beiträge

Zum 1. Januar 2011 soll der allgemeine Beitragssatz von jetzt 14,9 auf 15,5 Prozent angehoben werden - dem Stand vor der Wirtschaftskrise. Von der Erhöhung tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils 0,3 Punkte. Damit zahlen Arbeitnehmer künftig 8,2 und Arbeitgeber 7,3 Prozent. Auf diesem Niveau wird der Beitragssatz der Arbeitgeber eingefroren. Das heißt, dass künftige Beitragssatzerhöhungen allein von den Arbeitnehmern gestemmt werden. Oder anders ausgedrückt: Die bislang nahezu paritätische Finanzierung der GKV durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist perdu, und steigende Gesundheitskosten erhöhen nicht mehr zwangsläufig die Arbeitskosten.

Zusatzbeiträge

Steigende Gesundheitskosten müssen die Versicherten in Zukunft allein schultern. Gesetzliche Krankenkassen können dazu vom Jahr 2012 an Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe von ihren Versicherten verlangen. Die bisherige Obergrenze in Höhe von einem Prozent des Einkommens entfällt. Die Kassen sollen ihren Zusatzbeitrag künftig als einkommensunabhängigen Pauschalbetrag festlegen können, das heißt: Gut- und Geringverdiener zahlen gleich viel. Auch Rentner und Arbeitslose müssen den Zusatzbeitrag aufbringen, lediglich Hartz-IV-, Kranken-, Mutterschafts- und Elterngeldempfänger bleiben außen vor. Wer mit der Zahlung des Zusatzbeitrages sechs Monate im Rückstand ist, soll mit einer Strafgebühr von mindestens 30 Euro belangt werden.

Die Regierung rechnet damit, dass im kommenden Jahr keine Kasse Extrazahlungen ihrer Versicherten verlangen wird - außer den 16 Kassen, die bereits jetzt einen zusätzlichen Obulus von zumeist pauschal 8 Euro verlangen. Für das Jahr 2012 wird dann ein Zusatzbeitrag in Höhe von durchschnittlich 5 Euro veranschlagt und für das Jahr 2014 von 16 Euro. Künftig wird das Bundesgesundheitsministerium immer im Oktober ermitteln, welchen Zusatzbeitrag alle Kassen im Schnitt monatlich benötigen.

Sozialausgleich

Für Geringverdiener ist ein Sozialausgleich vorgesehen. Übersteigt der vom Ministerium festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des beitragspflichtigen Einkommens eines Versicherten, soll die Differenz ausgeglichen werden. Und das stellt sich Rösler so vor: Zunächst überweist der Versicherte den vollen Zusatzbeitrag. Die Kasse teilt dem Arbeitgeber beziehungsweise der Rentenversicherung mit, wie hoch das Einkommen des Versicherten aus allen Einkommensarten und Renten ist. Diese wiederum reduzieren den Grundbeitrag des Versicherten zur Krankenversicherung um den Differenzbetrag. Das Nettoeinkommen des Versicherten steigt um den Sozialausgleich. Die Kasse bekommt den Fehlbetrag vom Gesundheitsfonds erstattet. Dieser soll die Mittel für den Sozialausgleich aus dem Steuerzuschuss des Bundes nehmen. Dieser liegt im Jahr 2011 bei insgesamt 15,3 und im Jahr 2012 bei 14 Milliarden Euro. Vom Jahr 2015 an sollen weitere Milliarden Euro für den Sozialausgleich an den Fonds fließen. Bei Selbstständigen wird der Sozialausgleich direkt bei den Krankenkassen vorgenommen.

Ein Beispiel: Erhebt eine Kasse in ein paar Jahren einen angenommenen durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 30 Euro, erhielte ein Versicherter mit einem Einkommen von 1.200 Euro 6 Euro zurück - denn zwei Prozent seines Einkommens machten 24 Euro aus. Verlangt die Kasse aber einen Zusatzbeitrag von 33 Euro, bliebe der Versicherte auf den mehr verlangten 3 Euro sitzen, denn maßgeblich für den Sozialausgleich soll nur der vom Ministerium ermittelte durchschnittliche Zusatzbeitrag sein. Ein gewollter Effekt: Wer zu höheren Zusatzbeiträgen nicht bereit ist, soll nach Willen Röslers die Kasse wechseln.

Einsparungen

Vorgesehen sind für das kommenden Jahr Einsparungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro und im Jahr 2012 in Höhe von 4 Milliarden Euro. Darin enthalten sind auch die erwarteten Ausgabensenkungen aufgrund des Arzneimittelsparpakets in Höhe von knapp 2 Milliarden Euro, das ebenfalls zum 1. Januar 2011 in Kraft treten soll. Krankenhäuser und Ärzte erhalten zwar insgesamt mehr Geld, müssen sich aber mit magereren Zuwächsen als ursprünglich vorgesehen begnügen. So sollen etwa Hausärzte 500 Millionen Euro und Kliniken 450 Millionen Euro einsparen. Zahnärzte sollen im kommenden Jahr auf 20 Millionen Euro und im Jahr 2012 auf 40 Millionen Euro verzichten. Die Regierung plant weiterhin, dass die Verwaltungskosten der Krankenkassen in den Jahren 2011 und 2012 im Vergleich zu diesem Jahr nicht steigen. Das soll Einsparungen von pro Jahr 300 Millionen Euro bringen.

Privatversicherung

Vom Jahr 2011 an sollen gesetzlich Versicherte leichter in die private Krankenversicherung wechseln können. Es genügt, die Versicherungspflichtgrenze in Höhe von 49.500 Euro in einem Jahr zu überschreiten. Monika Pilath z

Mehr zum Thema unter: www.bmg.bund.de. Dem Link "Gesundheitsreform" folgen.