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Kurz rezensiert : Angelesen

11.10.2010
2023-08-30T11:26:06.7200Z
3 Min

Rund 6.800 deutsche Soldaten dienen derzeit weltweit in Auslandseinsätzen. Sie bekämpfen aufständische Taliban in Afghanistan, schützen Schifffahrtsrouten vor Piraten am Horn von Afrika, sichern den fragilen Frieden auf dem Balkan und vor der Küste des Libanons oder betätigen sich als UN-Beobachter in Afrika. Das Engagement der Bundeswehr begann allerdings viel früher: Bereits 1960 leisteten die gerade mal fünf Jahre zuvor aus der Taufe gehobenen Streitkräfte humanitäre Hilfe nach einem Erdbeben in Marokko. Dutzende solcher unbewaffneter Hilfseinsätze folgten.

Das vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr herausgegebene Taschenbuch verschafft in 23 Einzelbeiträgen einen faktenbasierten, detaillierten und sachlichen Überblick über die Geschichte und die rechtlichen, politischen und militärischen Grundlagen der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Auch kritische Fragen, wie etwa nach der Beteiligung Deutschlands am Luftkrieg gegen Jugoslawien im Jahr 1999 ohne Mandat der Vereinten Nationen werden nicht ausgespart.

Militärgeschicht- liches Forschungs-amt (Hg.):

Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2010; 324 S., 15,90 €

Als "supertolle Rednerin im Sinne von Charismatikern wie John F. Kennedy oder Barack Obama, Willy Brandt oder Joschka Fischer" gilt Angela Merkel nicht. Trotz dieser Einschätzung präsentiert Robin Mishra, ehemals Hauptstadtkorrespondent des "Rheinischen Merkurs", 41 Reden der Bundeskanzlerin unter dem Titel "Machtworte". Der Titel ist bewusst irreführend gewählt, denn Merkel gilt auch nicht als Politikerin, die wie ihr Vorgänger Gerhard Schröder zu "Basta"-Machtworten neigt. Mishra denkt eher an die Macht der Worte, mit denen Merkel um die Zustimmung für ihre Politik kämpft: "Die Kanzlerin regiert, indem sie spricht." Merkel-Kritiker würden dem entgegenhalten, dass sie sich zu präsidial gebe und es an klassischen Machtworten mangeln lasse.

Das Buch lässt deutlich Mishras Sympathie für Merkel erkennen. Immerhin gelingt es ihm, einen gewissen Spannungsbogen aufzubauen, indem er ihre Reden durch kurze Vorspänne in die jeweilige politische Situation einordnet und zu erklären versucht, was die Kanzlerin mit ihren "Machtworten" zu erreichen versuchte. Insgesamt ist es eher ein Buch für eingefleischte Merkel-Fans. Oder für dezidierte Merkel-Gegner, die nach Widersprüchen zwischen Reden und Handeln fahnden. aw

Robin Mishra (Hg.):

Angela Merkel. Machtworte.

Herder Verlag, Freiburg 2010; 240 S., 17,95 €

Hunderte von Straßen und Schulen tragen seinen Namen. Doch kaum jemand erinnert sich noch an den preußischen Reformer Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein. Wohl die wenigsten wissen, dass er zu Beginn des 19. Jahrhunderts für die Selbstverwaltung der Städte und bürgerliches Engagement im Staat stritt. Wieso die Erinnerung an den im hessischen Nassau geborenen, in Westfalen zum Verwaltungsexperten aufgestiegenen und in Berlin zum Minister gekürten Politiker heute nur noch blass ist, kann auch der Mainzer Historiker Heinz Duchhardt nicht vollends klären. Der ausgewiesene Absolutismus- und Aufklärungsexperte macht aber deutlich, wie weit der Freiherr vom Stein mit seinen Vorstellungen von politischer Selbstbestimmung der damaligen Zeit voraus war. Duchhardt verschweigt jedoch nicht, dass ihm das diplomatische Geschick fehlte, seine Ideen in vollem Maße beim preußischen König und Adel durchzusetzen.

Ob der "Visionär" als Vorbild für heutige Politiker taugt, sei dahingestellt. Unbestritten aber ist, dass ohne sein Engagement die deutschen Kommunen von den Zentralregierungen weitaus länger am Gängelband gehalten worden wären.

Heinz Duchhardt:

Freiherr vom Stein. Preußens Reformer und seine Zeit.

Verlag C.H. Beck, München 2010; 128 S., 8,95 €