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Steuervorteile als Motor

Hightech-Strategie »Geld ist nicht alles. Intelligenz ist manchmal auch zusätzlich hilfreich«

11.10.2010
2023-08-30T11:26:06.7200Z
4 Min

Steuervorteile sollen die Unternehmen zu noch mehr Anstrengungen bei Forschung und Entwicklung anreizen: Zwar steht dies nicht in der Fortschreibung der Hightech-Strategie, über die der Bundestag am vergangenen Freitag diskutierte. Und doch erwies sich die Frage als einer der zentralen Punkte der Debatte.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) hob von der neuen Strategie die Konzentration auf folgende Schwerpunkte hervor: Klima/Energie, Gesundheit/Ernährung, Mobilität, Sicherheit und Kommunikation. Dies seien "die Bedarfsfelder, auf denen sich die wichtigsten Menschheitsfragen des 21. Jahrhunderts konzentrieren werden". Für die Ministerin steht zweifelsfrei fest: "Neue Technologien, neue Dienstleistungen, auch gesellschaftliche Veränderungen - das sind die eigentlichen Innovationstreiber."

Steuerliche Anreize

Die Ministerin strich heraus, dass sie "steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung speziell für kleinere und mittlere Unternehmen" für unabdingbar hält: "Das muss ein nächstes Thema sein." Sie gestand allerdings gerade nach ihrer Erfahrung im Haushaltsausschuss am Vortag ein: "Das ist schwierig."

Florian Pronold (SPD) mutmaßte, ihre Steuerbemerkungen habe Schavan "wohl in Richtung auf die eigene Koalition" gemacht. Denn dort werde - ausweislich einer Antwort auf eine SPD-Anfrage - an Steuervorteilen für die Forschung "derzeit nicht gedacht". Wenn aber die Ministerin schon das Thema aufgreife, dann solle sie auch sagen, wie sie sich das Vorhaben vorstellt. Nötig sei "eine punktgenaue Förderung und nicht mit der steuerlichen Gießkanne".

Prinzipiell begrüßte Pronold die Fortsetzung der Hightech-Strategie, die unter der großen Koalition begonnen habe. Allerdings hapere es bisher an der Evaluierung. Es sei nicht nur "wichtig, dass man Leuchttürme baut". Man müsse "auch schauen, was damit passiert".

Pronold brachte den Streit um längere Atomlaufzeiten in die Debatte ein. Schwarz-Gelb solle "darauf verzichten, die Dinosaurier-Technologie weiterhin als Brückentechnologie auszugeben und zu fördern". Er prangerte an, die Koalition betreibe "hier wieder Klientelpolitik" statt "konsequent auf erneuerbare Energien zu setzen".

Martin Neumann (FDP) wehrte sich: "Es geht nicht um Dinosaurier." Das Bedarfsfeld Klima und Energie habe in der Hightech-Strategie einen "besonders hohen Stellenwert". Es komme darauf an, Modelle zu finden, die "auch in der Gesamtenergiebilanz nachhaltig" seien: "Wir brauchen dringend einen Richtungswechsel, um endlich diesen Innovationsrückstand in der Energieforschung, der vor allem aus den Zeiten der rot-grünen Koalition kommt, aufzuholen." Neumann bezeichnete es als "wichtiges Kernanliegen" von Schwarz-Gelb, "Deutschland zu einer Bildungsrepublik und zu einem attraktiven und innovativen Standort zu machen". Dies spiegele sich in den Haushalten 2010 und 2011 wider. Sie zeigten "ganz deutlich, wo hier Prioritäten gesetzt werden". Mit der Hightech-Strategie werde "der Weg von der Produktentwicklung zum marktreifen Produkt beschleunigt", hob er hervor.

»Vergebene Chancen«

Petra Sitte (Die Linke) ging mit dem Regierungspapier scharf ins Gericht. Bei Schwarz-Gelb gehe weiterhin "Wachstum vor Nachhaltigkeit". Es fehle "gänzlich der Ansatz", wie nachhaltiges Wirtschaften gefördert werden solle.

Gerade in der Energiepolitik zeige sich, "wo Chancen vergeben werden". So würden 290 Millionen Euro für die Forschung rund um fossile und nukleare Energien bereitgestellt, aber nur 190 Millionen Euro für erneuerbare Energien und Effizienztechnologien. Sitte: "Offensichtlich haben auch hier die Energiemonopolisten gewonnen", betonte die Abgeordnete.

Sie verwies darauf, dass im ersten Strategie-Vorstoß der Förderung des Nachwuchses ein besonderer Stellenwert eingeräumt worden sei. Doch ihren Gesprächen mit Betroffenen entnehme sie, dass es eher eine Verschlechterung gebe: "Der Trend, mehr Stipendien statt Stellen zu vergeben, muss endlich gestoppt werden."

Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen) schwang gleich zum Redeauftakt die Steuerkeule. Das "Eine-Milliarde-Steuergeschenk für Hoteliers" sei der Koalition "schlicht wichtiger" gewesen, als die Forschungsrahmenbedingungen für kleinere und mittlere Betriebe zu verbessern. Dafür sei nun "kein Geld mehr übrig". Sie forderte mehr Transparenz und Evaluierung bei der Hightech-Strategie. Sie sah bei denen, die das Papier aufgestellt haben, ein "mentales Problem" - und riet stichelnd, sich beim nächsten Mal einen "kleinen Merkzettel" zu machen: "Es gibt auch Innovationen, ohne dass ein Motor dran ist."

Sager schimpfte darüber, dass 35 Prozent der Mittel im Bereich Energieforschung dazu verwandt werden sollen, um kerntechnische Forschungsanlagen zurückzubauen. Das sei "eine gewaltige Mogelpackung". Durch ihre Politik für längere Atomlaufzeiten sorge die Koalition dafür, dass "erneuerbare Energien in Deutschland in Wirklichkeit Marktanteile abgeben werden".

Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) verwies darauf, dass die Koalition mittelständische Betriebe drei mal stärker fördern wolle als große Unternehmen.

Den Fokus darauf zu richten, habe sich schon bei der ersten Hightech-Strategie bewährt und einen "Sprung über die Erwartung hinaus und die Krise hinweg" beschert. Im Übrigen, so merkte er launig an: "Geld ist nicht alles. Intelligenz ist manchmal auch zusätzlich hilfreich." Er rief dazu auf, mitzugestalten "an der neuen Welt, indem wir die Zukunft erfinden - für uns und andere".