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Angelesen

15.11.2010
2023-08-30T11:26:09.7200Z
2 Min

Alarm, Alarm! Diesmal schafft Deutschland sich nicht à la Sarrazin selbst ab, sondern wird "ausverkauft". Schuld daran, so die These des Journalisten Constantin Schreiber sind ausländische Investoren. Vor allem "Araber, Russen, Inder und Chinesen". Sie würden "Deutschland übernehmen, deutsches Know-how aufkaufen, Produktionsstandorte schließen und am Ende Massenarbeitslosigkeit über das Land zu bringen.

Schreiber sieht so überall sinistre Gestalten: Mafiöse Russen, die Chinesen als "Big Brother", Inder, die vornehmlich in Textilien und in Software machen, und Araber, die mit Geld nur so um sich schmeißen, um sich für die Zeit nach dem Öl-Boom abzusichern. Ihnen gegenüber steht ein dekadenter, unfähiger Westen, in dem geldhungrige Unternehmensberater deutsche Paradefirmen verkaufen, Manager natürlich "Nieten in Nadelstreifen" sind und jeder, der irgendwie kann, schon bald auswandert.

Nein, Schreibers Thesen sind mehr als einseitig und haben wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Und was Deutschland am allerwenigsten gebrauchen kann, ist ein neuer angstvoller Protektionismus.

Constantin Schreiber:

Ausverkauf Deutschland. Wie ausländische Investoren unser Land übernehmen.

Econ Verlag, Berlin 2010, 286 S., 18 €

Angelika Epple hat eine überaus interessante Geschichte eines deutschen Familienunternehmens geschrieben, das sich nicht weniger zum Ziel gesetzt hatte, als die Welt zu erobern. "Stollwerck Gold beherrscht die Welt", lautete denn auch der Werbeslogan 1911 des Kölner Schokoladenherstellers. Stollwerck war im 19. Jahrhundert das, was vielleicht McDonalds heute ist. Ganz sicher galt dies für die Idee, überall auf der Welt Automatenrestaurants zu eröffnen mit "stummen Verkäufern" und "laufenden Bildern". Stollwerck steht deshalb auch für den Versuch, Produkte und Geschäftspraktiken bereits im 19. Jahrhundert weltweit zu standardisieren. Die Historikerin beschreibt, wie die Firma auf dem US-Markt reüssierte, in Großbritannien aber keinen Erfolg hatte - ein Zeichen dafür, wie unterschiedlich Konsumgewohnheiten schon damals waren.

Epple schildert dies alles auf kurzweilige und doch wissenschaftlich-seriöse Art. Herausgekommen ist ein Stück Wirtschaftsgeschichte im Kleinen, die zeigt: Globalisierung ist kein Zustand, sondern ein Bewegungsgesetz, das in jeder Epoche zu beobachten ist.

Angelika Epple:

Das Unternehmen Stollwerck.

Eine Mikro-geschichte der Globalisierung.

Campus-Verlag, Frankfurt/M. 2010; 451 S., 39,90 €