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Monterrey-Konsens: Ernüchternde Acht-Jahres-Bilanz

20.12.2010
2023-08-30T11:26:12.7200Z
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Acht Jahre ist es her, da haben sich die Vereinten Nationen auf einer Konferenz im mexikanischen Monterrey erstmals über die künftige Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit ausgetauscht und Ziele vereinbart. Unter anderem sollten in den Entwicklungsländern mehr inländische Mittel mobilisiert, ausländische Direktinvestitionen der Wirtschaft gestärkt und Schulden erlassen werden. Außerdem sollten die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit erhöht und der internationale Handel als Motor für Entwicklung gefördert werden.

So weit so gut - aber was ist aus all dem geworden? Das fragten sich am vergangenen Mittwoch auch die Mitglieder des Entwicklungsausschusses. Zusammen mit sechs Experten diskutierten sie Ergebnisse und Folgen der Monterrey-Vereinbarungen - und sahen Fortschritte, aber auch Misserfolge. Die Korruption in den Entwicklungsländern werde von den Gebern nicht ausreichend bekämpft, die Mittelzusagen würden nicht eingehalten und um die in Monterrey vereinbarte Harmonisierung und bessere Koordinierung der Entwicklungszusammenarbeit bemühten sich die Geber wenig bis gar nicht, so lautete das negative Fazit von Peter Nunnenkamp vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Etwas weniger pessimistisch, aber in vielen Punkten ähnlich wertete Peter Lanzet vom Evangelischen Entwicklungsdienst die Acht-Jahres-Bilanz. Beim Erlass der Auslandsschulden haben Deutschland eine "ganz gute Rolle" gespielt, sagte er, auch bei der Mobilisierung nationaler Mittel in den Entwicklungsländern sei einiges geleistet worden. Negativ wertete er wie Nunnenkamp aber die Wirkung ausländischer Direktinvestitionen in den armen Ländern. Beide bemängelten, dass die Investitionen nicht dort ankämen, wo sie am Dringendsten gebraucht würden und vor allem Ländern nützten, die bereits weiter entwickelt seien. Zahlreiche Abgeordnete wiesen allerdings auch auf positive Beispiele hin: Auf seinen Delegationsreisen erlebe der Ausschuss immer wieder, dass private Investoren zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen könnten, berichtete Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen). Aber es gebe auch negative Einflüsse, etwa die zunehmenden Landkäufe in Entwicklungsländern, die Hunger und Armut noch beförderten. Harald Leibrecht (FDP) sagte, ausländische Direktinvestitionen könnten durchaus hilfreich sein, aber natürlich gebe es gute und schlechte Beispiele. Er wies darauf hin, dass die Geberländer die Investitionen steuern könnten.

An der Frage, ob für die künftige Finanzierung von Entwicklungshilfe innovative Instrumente wie eine Finanztransaktionssteuer sinnvoll seien, schieden sich die Geister. Klar dagegen sprach sich Peter Nunnenkamp aus. Er betonte, die zwei Ziele der Steuer - Mittelaufbringung und Verhaltenslenkung - ließen sich "kaum in Einklang bringen", wie die Tabaksteuer gezeigt habe. In dem Maße, in dem das Lenkungsziel ernst genommen werde, entfielen die Steuereinnahmen und umgekehrt, sagte Nunnenkamp, der sich anstelle der Erhebung von Spezialsteuern für die Erhöhung bestehender Steuern aussprach. Solchen Effekten widersprachen Sascha Raabe (SPD) und Axel Troost (Die Linke). Ihre Fraktionen befürworten wie auch Bündnis 90/Die Grünen die Einführung der Steuer.

Von den Experten warben Jörg Alt und Peter Wahl von der Kampagne "Steuer gegen Armut" für das Instrument. Es könne große Summen an Steuereinnahmen generieren und die Finanzmarktstabilität erhöhen. Die Zahl der Unterstützer für die Steuer sei infolge der Finanzkrise gewachsen, betonte Wahl. Es sei Zeit, diese Dynamik zu nutzen und eine "Koalition der Willigen" zu schmieden. Die Bundesregierung solle zusammen mit Frankreich eine führende Rolle übernehmen, forderte er. Johannes Selle (CDU) äußerte ebenfalls "Sympathie" für die Steuer, wies aber auch auf "widersprüchliche Aussagen" über deren Wirksamkeit hin. Zudem müssten Fragen der Machbarkeit geklärt werden, etwa wie man die Bürokratie gering halten und Transparenz gewährleisten könne.