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Mit dem Dilemma leben

PARLAMENT Wie gehen Abgeordnete damit um, wenn Staudämme, Stromtrassen oder Flughäfen für Proteste sorgen?

03.01.2011
2023-08-30T12:16:34.7200Z
2 Min

Thomas Dörflinger, CDU

Mit Energiepolitik hat Thomas Dörflinger eigentlich nicht so viel am Hut. Im Bundestag beschäftigt er sich mit Arbeits- und mit Europapolitik, weniger mit neuen Kraftwerken. Doch seit einigen Monaten kommt der CDU-Abgeordnete aus dem Südschwarzwald an diesem Thema nicht mehr vorbei.

In seinem Wahlkreis soll nämlich ein neues Pumpspeicherkraftwerk gebaut werden. Das Prinzip: Zwei riesige Wasserbecken, eines auf dem Berg, eines im Tal, verbunden durch Rohre. Wenn Windräder, Solarpanele und Atomkraftwerke mehr Energie als gerade benötigt produzieren, kann hier der Überschuss hier gespeichert werden - indem Wasser in das obere Becken gepumpt wird. Wenn es durch Turbinen wieder nach unten fließt, wird Strom produziert. Solche Speicherkapazitäten müssen ausgebaut werden, wenn Deutschland in Zukunft verstärkt auf erneuerbare Energien setzt: Darüber sind sich im Prinzip alle Parteien einig. Und das bringt den CDU-Abgeordneten Dörflinger in eine paradoxe Situation.

Denn in seinem Waldshuter Wahlkreis kämpfen die Ortsverbände von SPD und Grünen gegen das geplante Pumpspeicherkraftwerk - gemeinsam mit Bürgerinitiativen. Sie fürchten um die örtlichen Heilquellen, um die Lebensräume von Pflanzen und Tieren - aber auch um die Ruhe in der einer Region, die vom Tourismus lebt. Vor allem die Grünen müssen sich wegen dieser vermeintlich inkonsequenten Haltung aktuell viel Häme anhören. Auch von Dörflinger: "Es ist schon aberwitzig", sagt er. "Ich kann nicht auf Bundesebene etwas fordern, wogegen ich mich vor Ort wende." Der CDU-Abgeordnete, der sich selber wohl nie als "Öko" bezeichnen würde, unterstützt das Vorhaben hingegen. "Natürlich ist der Bau des Kraftwerkes mit Eingriffen in die Natur verbunden", sagt er. Aber wenn alles gebaut und die "Narben verheilt" seien, würde man davon "nicht mehr allzu viel sehen".

Ob er sich für Diskussionen mit Kraftwerksgegnern tief in die Details der Baupläne und der Topografie einarbeiten würde? Dafür habe er keine Zeit, bekennt Dörflinger freimütig. Er vertraut da auf den Sachverstand im Regierungspräsidium und in den Ministerien.

Der gebürtige Südschwarzwälder ist kein Mann der lauten Proteste, eher der kleinen Kompromisse. Als eine Bundesstraße wegen Felssicherungsarbeiten vier Wochen lang umgeleitet werden musste, was im betroffenen Städtchen zu Unmut führte, sorgte er für Geschwindigkeitsbegrenzungen und zusätzliche Ampeln. Er ist überzeugt, dass sich viele Konflikte - sei es gegen Kraftwerke oder Strommasten, gegen die andernorts auch CDU-Bürgermeister mobil machen - "mit ein bisschen gutem Willen von allen Beteiligten" lösen ließen.