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»Im Dickicht der Einzelinteressen«

03.01.2011
2023-08-30T12:16:34.7200Z
1 Min

Hans-Peter Uhl,

1. Nehmen Bürgerproteste wirklich zu? Proteste auf den Straßen hat es immer gegeben, angefangen von der Debatte um die Wiederbewaffnung in den 1950er Jahren. Auch Demonstrationen gegen Kernenergie oder gegen einzelne Bauprojekte kennen wir seit Jahrzehnten.

Jedenfalls ist die leidenschaftliche Vertretung von Pro und Contra nicht etwas Beunruhigendes, sondern etwas typisches für eine Demokratie. Proteste fordern heraus, weil sie einen Dissens vor Augen führen. Und die zentrale Aufgabe von Parteien und Parlamenten ist es ja, im Dickicht der Einzelinteressen für den fairen Ausgleich einzutreten.

Dies gelingt nicht in jeder Streitfrage - auch weil die schwierige Suche nach dem übergreifenden Gemeinwohl den meisten Medien nicht spektakulär genug ist und mit Berichterstattung selten belohnt wird.

2. Appelle zu mehr Bürgernähe sind immer gut. Aber es wäre naiv zu glauben, dass diejenigen, die besonders massiv auftreten, automatisch Recht haben. Das gilt für smarte Interessenvertreter in der Lobby ebenso wie für lärmende Demonstranten.

Aktive Gruppen repräsentieren nicht unbedingt Mehrheitsbedürfnisse. Die verantwortliche Abwägung durch das Parlament ist nicht sinnvoll zu ersetzen, weder durch ein imperatives Mandat von ‚Wutbürgern' noch durch Formen direkter Demokratie. Es gibt keine Veranlassung, mit einem bewährten System zu brechen.