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»Trend zur Defensivmedizin«

GESUNDHEIT Mediziner berurteilen angedachte neue Haftungsregelung skeptisch

31.01.2011
2023-08-30T12:16:36.7200Z
2 Min

Ärzte und Krankenhäuser sagen Nein. Patienten- und Verbraucherschutzverbände sind dafür. Ob es einen weitergehenden gesetzlichen Regelungsbedarf bei den Patientenrechten gibt, ist unter Experten umstritten, wie sich bei einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am vergangenen Mittwoch zeigte. Grundlage der Anhörung war ein Antrag der SPD-Fraktion (17/907) mit der Forderung nach einem Patientenrechtegesetz.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit befürwortete ein solches Gesetz, um "Rechtssicherheit zu gewährleisten und Transparenz in der Gesundheitsvorsorge zu fördern". Gleichzeitig müsse aber da, wo es möglich sei, auf Selbstregulierung gesetzt werden. So sei eine gesetzliche Fehlermeldepflicht nicht nötig, da auf Basis der Selbstregulierung eine wirkungsvollere Fehlervermeidung zu erreichen sei.

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) betonte, es gebe derzeit Fehlervermeidungssysteme auf freiwilliger Basis, die akzeptiert würden. "Wie das gesetzlich erfolgen soll, erschließt sich uns nicht", sagte der KBV-Vertreter.

Eigenständiges Gesetz gefordert

Angesichts der langen Dauer gerichtlicher Verfahren wegen Falschbehandlungen müsse im Interesse der Patienten ein eigenständiges Gesetz geschaffen werden, sagte Klaus Kirchner von der Alexandra-Lang-Stiftung für Patientenrechte. Grund für die lange Dauer seien oftmals benötigte Gutachten, deren Erstellung viel Zeit in Anspruch nehme. In einem Patientenrechtegesetz müssten seiner Ansicht nach daher auch Fristen für derartige Gutachten enthalten sein.

Die von der SPD-Fraktion vorgeschlagene Regelung, wonach arbeitsrechtliche Sanktionen für Meldungen eigener und fremder ärztlicher Fehler ausgeschlossen werden müssten, stieß auf Widerstand bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Es könne nicht sein, dass arbeitsrechtliche Regularien außer Kraft gesetzt werden, lautete die Kritik.

Auch die angedachte Beweiserleichterung für Patienten in gerichtlichen Verfahren wurde in der Experten-Anhörung skeptisch bewertet. Laut Bundesärztekammer würde damit der "Trend zur Defensivmedizin" angesichts des gesteigerten Risikos für Ärzte unterstützt.

Aus Sicht des Deutschen Richterbundes kann mit den aktuellen Haftungsregelungen gut gearbeitet werden. Eine Beweislast-

umkehr wäre zu weitgehend, hieß es. Die zivilrechtliche Regelung, wonach "derjenige, der etwas will, dies auch beweisen muss", greife gut. Bei groben Behandlungsfehlern gebe es ohnehin schon die Umkehr der Beweislast.