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Parlamentarisches Profil : Außenpolitischer Arbeiter: Klaus Brandner

30.05.2011
2023-08-30T12:16:44.7200Z
3 Min

Es ist erst zwei Wochen her, dass er da war. In Ägypten, wo noch immer auf dem Tahrir-Platz demonstriert wird, wo die Unruhen wieder zunehmen, wo es zu Zusammenstößen zwischen Christen und Muslimen kommt. Dort, wo die Demokratiebewegung noch nicht gesiegt hat. "Wir leben in einer spannenden Zeit", sagt Klaus Brandner. Seit 2009 ist der SPD-Abgeordnete Vorsitzender der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe, die Umwälzungen im Norden Afrikas wirken sich unmittelbar auf seine Arbeit aus.

Als er in Ägypten war, hat er mit Politikern, Gewerkschaftern und Bloggern gesprochen. Darüber, wie es nach dem Sturz des früheren Präsidenten Husni Mubarak weitergehen soll. Dabei, sagt Brandner, sei deutlich geworden: Die wenigsten wollen in Ägypte eine Verfassung nach amerikanischem Vorbild. "Nach den Erfahrungen mit Mubarak lehnen sie ein starkes Präsidialsystem ab", berichtet er. Die meisten seiner Gesprächspartner hofften auf ein starkes Parlament - wie es auch in der deutschen Verfassung festgelegt ist. So hat etwa der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei Anfang dieses Monats erklärt, er wünsche sich für sein Land eine Verfassung nach Vorbild des deutschen Grundgesetzes. Für Brandner ist das ein verständlicher Wunsch. "Das Grundgesetz ist Garant für Freiheit, Gleichheit, Toleranz und dafür, dass niemand ungestraft gegen die Verfassung verstoßen darf", sagt er. Eine solche Verfassung könne ein Land wie Ägypten sozial befrieden, die Lebensverhältnisse einander angleichen und Ungleichheiten beseitigen. "Ägypten hat eine gute Chance, es zu schaffen", meint Brandner. Der Wunsch nach demokratischem Wandel werde vor allem von jungen Menschen getragen und gehe quer durch alle Bevölkerungsschichten.

Es sind aufregende Zeiten. Aber solche hat Brandner oft erlebt, seit der gebürtige Lipper mit 20 Jahren in die SPD eintrat. "Stillstand wäre ja auch schlimm." Heute ist er 62 Jahre alt, Vater zweier Söhne und wurde im September 2009 zum vierten Mal über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Bundestag gewählt. Von 1998 bis 2007 war er abwechselnd sozial-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, von 2007 bis 2009 dann Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium. Die Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt, die Rentenreform - politische Diskussionen, bei denen Brandner dabei war.

Für Brandner ist Arbeit eines der zentralen Themen im Leben eines Menschen; das Recht auf freie Arbeit Teil der Menschenwürde. Sein Wille, das Arbeitsleben mitzugestalten, war der Grund dafür, dass er kurz nach seiner Ausbildung zum Elektromechaniker begann, sich in der IG Metall zu engagieren - genau 34,8 Jahre lang, wie er mit einem Lächeln sagt. Unter anderem war er zehn Jahre lang Gewerkschaftssekretär und zuletzt bis 2007 Geschäftsführer der IG Metall Gütersloh.

Dann, nach der Bundestagswahl 2009, richtete Brandner seine Arbeit neu aus: hin zu außenpolitischen Fragen. "Globalisiert war ich natürlich schon vorher", sagt er. Als Experte für Arbeit- und Sozialpolitik habe er geholfen, Projekte für "Corporate Social Responsibility", also zur sozialen Verantwortung von Unternehmen, in anderen Ländern zu installieren. Dabei sei ihm klar geworden, dass Außenpolitik nicht nur aus Wirtschaftsförderung bestehen dürfe, sondern auch daraus, Grundlagen für eine sozial gerechte Arbeitswelt in den Partnerländern zu legen. Brandner begann, sich in der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe zu engagieren. Als Gremium, in dem man Einfluss nehmen kann, wie er sagt.

Neben dem Amt als Vorsitzender der Parlamentariergruppe ist Brandner Mitglied im Haushaltsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie in den Ausschüssen für Wirtschaft und Technologie, Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie Angelegenheiten der Europäischen Union. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales ist nicht dabei. Dennoch: Diese Themen werden immer ein Teil von ihm sein. "So ganz lässt es mich nicht los", sagt er.