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Mehr Aufgaben, mehr Geld

ZENTRALRAT Anhebung der Zuwendungen an die jüdische Gemeinschaft einstimmig gebilligt

02.04.2012
2023-08-30T12:17:29.7200Z
3 Min

Die finanziellen Zuwendungen an den Zentralrat der Juden in Deutschland werden von bislang fünf Millionen Euro auf zehn Millionen Euro angehoben. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/8842) zum Ende November vergangenen Jahres geschlossenen Vertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland stimmte der Bundestag am Donnerstag vergangener Woche einstimmig zu. Danach verpflichtet sich der Bund, dem Zentralrat eine jährliche Staatsleistung in Höhe von zehn Millionen Euro zu gewähren. Der Vorlage zufolge sollen die für die Erhöhung erforderlichen zusätzlichen Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro aus dem Gesamthaushalt des Bundes bereitgestellt werden.

Rasanter Anstieg

Die CDU-Abgeordnete Beatrix Philipp unterstrich, dass die Fülle zusätzlicher Aufgaben des Zentralrates diese Leistungsanpassung erfordere. Seit 1990 habe sich die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder in Deutschland mehr als verdreifacht, gab Philipp zu Protokoll. Sie erinnerte daran, dass der 1933 zwangsweise gegründeten Reichsvertretung der Deutschen Juden mehr als 500.000 deutsche Juden angehörten, 17 Jahre später zum Zeitpunkt der Konstituierung des Zentralrats im Jahr 1950 dagegen nur noch 15.000 Juden in Deutschland lebten. "Bis heute überschattet der Holocaust das jüdische Leben in Deutschland."

Sie verwies zudem darauf, dass nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung 1990 die Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion zu einer erhebliche Stärkung der jüdischen Gemeinden geführt habe. Heute lebten fast 110.000 Juden in mehr als 100 stetig wachsenden Gemeinden. Der rasante Anstieg ihrer Mitglieder habe jedoch auch neue Herausforderungen und Probleme mit sich gebracht. Aus der "historisch-gesellschaftlichen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren jüdischen Gemeinden" habe sie "dem Wandel und den vermehrten Anforderungen auch finanziell Rechnung zu tragen".

Auch die SPD-Abgeordnete Gabriele Fograscher verwies auf die besondere Verantwortung Deutschlands für das jüdische Leben hierzulande "angesichts des Leids, das die jüdische Bevölkerung in den Jahren 1933 bis 1945 erdulden musste". Es gebe "Grund zur Freude, dass es wieder so viele aktive jüdische Gemeinden in Deutschland gibt", führte Fograscher aus. Beunruhigend hoch bleibe indes der Anteil von Vorurteilen und Ressentiments in der deutschen Bevölkerung. Die "tiefe Verwurzelung von Negativklischees über Juden und antisemitische Einstellungen in der deutschen Kultur und Gesellschaft" müsse man "langfristig und mit nachhaltigen Maßnahmen ändern". Antisemitismus stelle nicht nur eine Gefahr für die jüdischen Mitbürger dar, "sondern auch für die Werte unserer Demokratie".

Der FDP-Parlamentarier Stefan Ruppert nannte es ein Glück, "dass es nur wenige Jahrzehnte nach dem Holocaust wieder jüdisches Leben in diesem Land gibt". Die finanzielle Zuwendung an den Zentralrat resultiere indes nicht nur aus einer historischen Verantwortung, sondern trage "dem Verantwortungsbewusstsein des deutschen Gesetzgebers für jüdisches Leben in Deutschland Rechnung". Das Ziel des Vertrages mit dem Zentralrat, "nämlich die Entfaltung des jüdischen Lebens und seine Akzeptanz in der Bevölkerung", bleibe nach wie vor "eine Frage der Zivilgesellschaft, (...) des guten Willens und des mutigen Auftrittes aller gegen Vorurteile, alte Klischees und Unwissenheit".

Gesamte Breite

Für Die Linke mahnte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, die Förderung jüdischer Vielfalt schließe unabhängig von dem Vertrag "natürlich den kontinuierlichen Kampf gegen jedweden Antisemitismus ein". Sie unterstrich zugleich, dass Die Linke der Förderung jüdischen Lebens in Deutschland selbstverständlich zustimme. Die damit verbundene Unterstützung gelte "der gesamten Breite jüdischen Lebens, also nicht nur den Einrichtungen unter dem Dach des Zentralrates".

Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck zollte den Integrationsleistungen der jüdischen Gemeinden "großen Respekt". Diese Aufgaben verlangten "vor dem Hintergrund der historischen Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus und den Mord an sechs Millionen europäischen Juden unsere materielle und immaterielle Unterstützung". Beck fügte hinzu: "Im Persönlichen sind wir alle gefordert, wenn es darum geht, jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten".