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Kurz notiert

29.05.2012
2023-08-30T12:17:32.7200Z
4 Min

Tim Weiners Monografie über das FBI ist in mehrfacher Hinsicht eine Meisterleistung: Dem Journalisten der "New York Times" ist es gelungen, mehr als 70.000 Seiten FBI-Archivmaterial auszuwerten. Dabei herausgekommen ist nicht nur ein höchst informatives, sondern auch ein unterhaltsames Buch. Im Einzelnen arbeitete der zweimalige Pulitzer-Preisträger mehr als 200 Zeugenaussagen der Bundespolizei durch, darunter auch das begehrte Geheimdossier des legendären FBI-Direktors J. Edgar Hoover.

Weiner, der für sein kritisches Buch über die CIA im Jahr 2007 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde, geht mit dem FBI nicht so hart ins Gericht. Zwar habe es die Terroranschläge vom 11. September 2001 auch nicht verhindern können, zumindest habe sie aber die Verhörpraktiken von CIA und Pentagon in Guantanamo als "Kriegsverbrechen" gebrandmarkt. Außerdem habe das FBI die von Präsident George W. Bush angeordneten Abhörmaßnahmen als "illegal" bewertet.

Ein großer Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Leben des legendären FBI-Direktors, den Weiner als einen anständigen Kerl und einen amerikanischen Machiavelli bezeichnet. Immerhin habe sich Hoover sein ganzes Leben der Sicherheit seines Landes gewidmet. Schon als 23-Jähriger leitete er während des Ersten Weltkriegs eine Abteilung im Justizministerium.

Hoover, von seinen Gegnern "Kloake" genannt, schuf allerdings einen regelrechten Überwachungsstaat und den mächtigsten Innengeheimdienst der USA, der nur dem Präsidenten unterstellt ist. Das verleitete die Behörde mitunter dazu, außerhalb des Gesetzes zu handeln: Bürgerrechtler wurden genauso bekämpft wie Homosexuelle und Kommunisten. In ihnen sah Hoover die Sicherheit Amerikas am stärksten bedroht. Heute gilt seine Horrorvision von einer kommunistischen Machtübernahme in den USA als paranoid. Weiner weist auch darauf hin, dass US-Präsidenten wie Franklin D. Roosevelt das FBI gezielt gegen ihre politischen Feinde einsetzten.

Tim Weiner:

FBI. Die wahre Geschichte einer legendären Organisation.

S. Fischer Verlag, Frankfurt/M 2012; 695 S., 22,99 €

Ein Jahr nach der gezielten Tötung des Terroristen Osama bin Laden in der pakistanischen Stadt Abbottabad wissen wir, wie die Operation organisiert und durchgeführt wurde. Die ansonsten streng geheimen Details ermittelte der Journalist Peter L. Bergen: Wie die CIA nach einem Jahrzehnt erfolgloser Suche auf die Spur des amerikanischen Staatsfeinds Nr. 1 kam und warum sich US-Präsident Barack Obama dafür entschied, bin Laden an Ort und Stelle erschießen zu lassen.

Bereits zwei Jahre vor dem 11. September hatte der Terrorismusexperte ein Standardwerk vorgelegt. Damals wies er auf die Gefährdung der westlichen Zivilisation durch eine falsch verstandene Toleranz gegenüber dem radikalen Islamismus, insbesondere dem Terrornetzwerk Al-Qaida, hin. Als erster "Osamologe" hatte Bergen 1997 zu den wenigen "Auserwählten" gehört, die Osama bin Laden für CNN interviewen durften und dabei seinen Hass auf den Westen gespürt. Wie kaum ein anderer kennt der Journalist den Lebenslauf der Top-Terroristen, die historisch-politischen Hintergründe des modernen Islamismus und die aktuelle Politik der USA in der Region. Noch vor zwölf Jahren hatte Bergen in seinen Büchern jedoch unkritisch die Propaganda-Klischees der CIA verbreitet. Er wiederholte die Legende von den ursprünglich guten Taliban, die "eine bemerkenswerte Leistung zu Stande gebracht haben: die Herstellung einer Art Ordnung". In seinem aktuellen Buch finden sich solche Plattitüden nicht mehr. Ausführlicher als dies dem Taliban-Kenner Achmed Rashid gelang, beleuchtet Bergen den Einfluss des pakistanischen Geheimdienstes auf die Entwicklung im Nachbarland Afghanistan. Neben den Spezialisten der CIA, des Pentagons und des Weißen Hauses interviewte der Autor zahlreiche pakistanische Generäle und Politiker, um auch aus deren Blinkwinkel die Geschichte zu erzählen.

Peter Bergen hat ein wichtiges Buch über den Niedergang von Al-Qaida geschrieben: quellenfundiert, informativ und analytisch. Damit nimmt er vielen Verschwörungstheoretikern den Wind aus den Segeln.

Peter L. Bergen:

Die Jagd auf Osama bin Laden. Eine Enthüllungs- geschichte.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2012; 368 S., 19,99 €