Piwik Webtracking Image

Ein Ziel mit doppeltem Einsatz

UN-MISSIONEn Bundestag verlängert die Bundeswehreinsätze in Darfur und im Südsudan. Die Linke fordert sofortigen Abzug

12.11.2012
2023-08-30T12:17:41.7200Z
4 Min

Eine Erfolgsgeschichte klingt eigentlich anders. Trotz des Einsatzes internationaler Kräfte im Rahmen der UNAMID-Operation sei die humanitäre Situation in der sudanesischen Krisenregion Darfur verheerend, zudem habe sich die Sicherheitslage erneut verschlechtert. So lautete der übereinstimmende Befund aller Fraktionen während der Debatte zur Verlängerung des Mandats am vergangenen Donnerstag. Aus Sicht der Linksfraktion sollte es daher nur eine Schlussfolgerung geben: "Beenden Sie die Beteiligung deutscher Kräfte noch heute", forderte die Abgeordnete der Linksfraktion Kathrin Vogler.

Symbolischer Beitrag

Die anderen Fraktionen machten jedoch deutlich, dass der Ausstieg keine Option sei. "Das Ausmaß der Gewalt wäre ohne die Blauhelme noch wesentlich höher", sagte Agnes Brugger (Bündnis 90/Die Grünen). So verwunderte die breite Mehrheit für die von der Bundesregierung geplante Mandatsverlängerung bis Ende 2013 (17/11036) nicht. In namentlicher Abstimmung sprachen sich 503 Abgeordnete für den Verbleib der derzeit zehn Soldaten und vier Polizisten in der Region aus.

"Die SPD ist und bleibt ein zuverlässiger außenpolitischer Partner für Bundesregierung und Soldaten", sagte Karin Evers-Meyer für ihre Fraktion. Der UNAMID-Einsatz habe durchaus schon Wirkung gezeigt. "Wir müssen den Weg gemeinsam weitergehen."

Der Beitrag Deutschlands sei angesichts der Gesamtstärke der Blauhelmkräfte von 21.000 eher symbolisch, räumte Reinhard Brandl (CSU) ein. Gleichwohl werde die Arbeit der Deutschen sehr geschätzt. Brandl schloss sich der ernüchternden Analyse der aktuellen Situation im Krisengebiet an. Dass ein Großteil der Übergriffe auf Zivilisten und UNAMID-Kräfte durch Milizen erfolge, die von der sudanesischen Regierung in Khartum unterstützt würden, passe leider ins Bild dieser Regierung. Und dennoch: "Ohne UNAMID wäre die Situation noch viel dramatischer", sagte Brandl.

Ein "Schlüssel für die Lösung der Krise" liegt aus Sicht des FDP-Außenexperten Joachim Spatz bei der sudanesischen Regierung. Diese sei nach wie vor nicht bereit,"die peripheren Regionen an Macht und Reichtum teilhaben zu lassen". Das habe unter anderem dazu geführt, dass mehr als 100.000 Flüchtlinge auf dem Weg in den Südsudan seien. Ziel der Unterstützung Deutschlands müsse es sein, "dass die Afrikaner Stück für Stück selbst befähigt werden, für ihre Sicherheit zu sorgen", sagte Spatz.

Auch Agnes Brugger machte die Regierung in Khartum als grundsätzliches Problem aus. Nach wir vor richte sie Gewalt gegen die eigene Bevölkerung und behindere die Arbeit der Hilfsorganisation. Da aber ohne UNAMID die dringliche humanitäre Hilfe für das Land gar nicht möglich wäre, stimme ihre Fraktion der Mandatsverlängerung zu.

Die Verteilung von Hilfsgütern sei keine militärische Aufgabe, entgegnete Kathrin Vogler (Die Linke). Die UNAMID-Mission sei ein Spielball der Konfliktparteien. "Das Ganze ist sicherlich gut gemeint, aber nicht hilfreich für den komplizierten Friedensprozess", urteilte sie.

Frühwarnsystem

Neben dem Einsatz in Darfur lehnte die Linksfraktion am vergangenen Donnerstag auch das deutsche Engagement im Südsudan ab. Die UNMISS-Mission stelle sich auf die Seite der Regierung Südsudans, die entscheide, "wann eingegriffen werden darf und wann nicht", kritisierte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken. "Bundeswehrsoldaten dürfen aber nicht auf der Seite einer Regierung stehen, die Verbrechen an der Zivilbevölkerung begeht", sagte er. Sein Fazit: "Die bisherigen Bemühungen sind gescheitert." Van Aken machte zugleich deutlich, dass auch seine Fraktion den Menschen im Südsudan helfen wolle. Beispielsweise durch die Schaffung eines zivilen Frühwarnsystems zur Konfliktvermeidung. UNMISS, kritisierte der Abgeordnete, komme erst, wenn es schon viele Tote gegeben habe.

Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hielten dagegen: Ohne UNMISS wäre die Lage insbesondere für die Zivilbevölkerung noch dramatischer. Zudem sei das Mandat "eingebettet in ein umfassendes Engagement der Bundesregierung" wie die Sprecherin der FDP-Fraktion für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Marina Schuster, betonte. Dazu gehöre die Aufstockung der humanitären Nothilfe ebenso wie die Unterstützung bei den Beratungen des Verfassungsprozesses.

Mehr Engagement

Gegen die Kritik der Linken wandte sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch Agnes Brugger. Zwar könne nicht jeder Gewaltausbruch verhindert werden, aber "UNMISS hat die Möglichkeit, Gewalt effektiv und schnell einzudämmen." Ihre Fraktion prüfe Auslandseinsätze der Bundeswehr sehr kritisch. "Wir halten UNMISS nach wie vor für richtig." Deutschland müsse sich sogar noch stärker engagieren. Obwohl das Mandat den Einsatz von 50 Bundeswehrkräften vorsieht, seien nur 17 vor Ort, kritisierte Brugger. "Die deutsche Zurückhaltung ist falsch und beschämend."

Mehr Engagement forderte auch die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Susanne Kastner (SPD). Der Einsatz könne nur gelingen, wenn den Soldaten auch eine ausreichende Ausrüstung zur Verfügung gestellt werde. "Sorgen Sie dafür, dass die vor Ort benötigten Hubschrauber zum Einsatz kommen können", lautete daher ihr Appell an die Bundesregierung.

Lob für die Haltung von Sozialdemokraten und Grünen gab es vom Verteidigungsexperten Robert Hochbaum (CDU). Anders als Die Linke würden SPD und Grüne "Menschlichkeit über parteitaktisches Verhalten stellen".

Das Abstimmungsergebnis war dann auch erwartungsgemäß eindeutig. Von 563 anwesenden Abgeordneten stimmten 496 für den Antrag der Bundesregierung (17/11037) für die Mandatsverlängerung im Südsudan. Bei zwei Enthaltungen gab es 65 Nein-Stimmen.