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Vor der Einreise zum Deutschkurs

AUFENTHALTSRECHT II SPD, Linke und Grüne scheitern mit Vorstößen zum Ehegattennachzug

21.05.2013
2023-08-30T12:23:59.7200Z
3 Min

Die Oppositionsfraktionen von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind im Bundestag mit Vorstößen gescheitert, auf den seit 2007 geforderten Nachweis deutscher Sprachkenntnisse beim Ehegattennachzug zu verzichten. Mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition lehnte das Parlament in der vergangenen Woche entsprechende Gesetzentwürfe der Sozialdemokraten (17/8921) und der Grünen (17/1626) sowie zwei Anträge der Linksfraktion (17/1577, 17/8610) ab.

"Wichtiges Instrument"

Der CDU-Abgeordneten Reinhard Grindel sieht in der Pflicht, vor einem Ehegattennachzug nach Deutschland einfache Deutschkenntnisse nachweisen zu müssen, ein "wichtiges Instrument im Kampf gegen Zwangsheirat". Bei einer Diskussion mit den Leitern aller Goethe-Institute sei deren Urteil eindeutig gewesen, gab Grindel zu Protokoll: "Das Instrument der verpflichtenden Deutschkenntnisse ist ein voller Erfolg; die Vorintegration stärkt gerade junge Frauen in ihrem Selbstbewusstsein, bevor sie in ein für sie völlig fremdes Land kommen." Auch hätten die Experten bestätigt, dass "in einer ganzen Reihe von Fällen auf verschiedensten Wegen Zwangsverheiratungen verhindert werden konnten". Mit den verpflichtenden einfachen Deutschkenntnissen vor dem Familiennachzug wolle man auch ein klares Signal geben, "dass ohne die Beherrschung der deutschen Sprache eine vernünftige Integration nicht funktionieren wird".

Für den FDP-Parlamentarier Hartfrid Wolff ist es "ganz im Sinne der Zuwanderer", dass von Menschen, die ein Visum für einen Ehegattennachzug nach Deutschland beantragen, "die Fähigkeit zur Verständigung in deutscher Sprache ,auf einfache Art' verlangt wird". Ohne Deutschkenntnisse sei keine volle Teilhabe an den beruflichen, kulturellen und gesellschaftlichen Perspektiven, die Deutschland biete, möglich. Wolff verwies darauf, dass es einer Evaluierung zufolge es mittlerweile vielfältige Möglichkeiten gebe, Deutsch im Herkunftsland zu lernen. Zudem gebe es etwa in den wichtigsten Herkunftsländern "auch in ländlichen Gebieten Privatschulen und Privatlehrer, die Deutsch anbieten". Auch gebe es "kostenlose Internet-Deutschkurse der Deutschen Welle und weitere Selbstlernkurse".

Der SPD-Abgeordnete Rüdiger Veit argumentierte dagegen, durch das Spracherwerbserfordernis werde vielen Menschen das Zusammenleben auf unbestimmte Zeit unmöglich gemacht. Die Gründe dafür lägen in den häufig großen Entfernungen der Goethe-Institute vom Wohnort oder dem Fehlen solcher Institute. Um einen Deutschkurs im Heimatland besuchen zu können, müssten "nicht unerhebliche Geldmittel aufgebracht werden, (...) die nicht jeder hat". Veit zufolge war das Hauptargument für die Einführung des Spracherwerbserfordernisses die Verhinderung von Zwangsehen: "Gebildete Menschen, die die Sprache des Landes sprechen, in das sie zwangsverheiratet werden, können sich besser aus dieser Zwangssituation befreien, so die Vorstellung." Es fehle aber weiterhin an empirischen Belegen, dass die Zahl der Zwangsehen aufgrund des Spracherwerbs- erfordernisses zurückgegangen wäre. Das "Spracherwerbserfordernis vor Einreise" sei ungeeignet, Zwangsehen zu verhindern, und daher überflüssig. "Es ist mehrfach diskriminierend. Wir wollen es abschaffen", fügte Veit hinzu.

"Geradezu lächerlich"

Die Linke-Parlamentarierin Ulla Jelpke nannte das Argument eines "angeblich besseren Schutzes" vor Zwangsverheiratungen "geradezu lächerlich". Häufig gehe es bei Zwangsverheiratungen um in Deutschland geborene und aufgewachsene Frauen mit perfekten Deutschkenntnissen, was die "Absurdität der Argumentation" verdeutliche. Das Menschenrecht auf Familienzusammenleben dürfe nicht unter "den Vorbehalt deutscher Sprachkenntnisse gestellt und damit indirekt von der sozialen Herkunft, dem Vermögen, dem Bildungs- und Familienstand und dem Alter der Betroffenen abhängig gemacht werden".

Der Grünen-Abgeordnete Memet Kilic wertete die Regelungen zum Spracherwerb beim Familiennachzug als "menschenunwürdig, verfassungswidrig und überflüssig". In Deutschland sei der Spracherwerb "viel leichter, schneller, günstiger und weniger belastend für die Betroffenen". Zum wirksamen Schutz vor Zwangsverheiratungen solle die Bundesregierung lieber mehr für Bildung, Aufklärung und niederschwellige Beratungs- und Schutzangebote sorgen.