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Krankheit nicht bestrafen

SOZIALES Bei Reform der Erwerbsminderungsrente droht Streit

20.01.2014
2023-11-08T12:31:20.3600Z
2 Min

Wer aus gesundheitlichen Gründen aus dem Job aussteigen muss, soll nicht zusätzlich bestraft werden - darin sind die sich Fraktionen des Bundestags einig. Deshalb soll die Erwerbsminderungsrente reformiert werden. Geht es nach Linken und Grünen, sollen dabei die bislang bestehenden Abschläge entfallen. Einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion (18/9) beriet das Plenum vergangene Woche erstmalig.

Dabei wurde klar: Die Union will an den Abschlägen nicht rütteln, dafür aber die Zurechnungszeiten von 60 auf 62 Jahre hinaufsetzen - eine "bemerkenswerte Verbesserung", wie der CDU-Abgeordnete Peter Weiß sagte. Zugleich solle für die Berechnung der Rente "der beste Verdienst" herangezogen werden und nicht die letzten vier Jahre vor Renteneintritt, wenn Betroffene in dieser Zeit schon schlecht verdient hätten.

Armutsrisiko

Der Opposition reicht das nicht. Matthias Birkwald (Linke) sagte, Krankheit dürfe "niemals zum sozialen Abstieg führen". Tatsächlich drohe aber vielen Versicherten, die einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellten, nach "der Antragstortur" ein Schock: 96 Prozent der Erwerbsgeminderten würden mit "der Höchststrafe von 10,8 Prozent" Abschlägen bestraft.

Der Grünen-Sozialexperte Markus Kurth nannte es in der Debatte "absolut besorgniserregend", dass die Zahl derer, die aufgrund psychischer Erkrankungen in Erwerbsminderungsrente gingen, immer weiter ansteige. Zudem beklagte er, dass die Höhe der Renten weiter sinke: Sie habe für Männer im Westen im Jahr 2000 bei 836 Euro gelegen; 2010 seien es 679 Euro gewesen. Das Armutsrisiko Erwerbsgeminderter liege bei 36 Prozent. Wer als Erwerbsgeminderter in Rente gehe, dürfe nicht unter Abschlägen leiden, denn "niemand tut dies freiwillig". Der Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium sehe verbesserte Zurechnungszeiten nur für Neuzugänge in die Erwerbsminderungsrente vor, nicht aber für Bestandsrentner. Offenbar könne die Koalition statt der geplanten Pakete nur Päckchen schnüren, "denn die Milliarden für Mütterrente und Rente mit 63 müssen bezahlt werden".

Dass Streit in der Koalition droht, wurde bei der Rede des SPD-Abgeordneten Michael Gerdes klar. Es sei richtig, dass Erwerbsminderungsrentner nicht mit 10,8-prozentigen Abschlägen bestraft werden dürften, sagte er. Es mache einen Unterschied, ob Menschen wegen Krankheit in die Rente gingen oder aufgrund ihrer persönlichen Lebensplanung.